Zum Artikel „Besuch vom Bittsteller in Berlin“ (Regionalteil):
Verkehrsminister Bernreiter hat sich vor Ort einen Eindruck von den Problemen beim geplanten Brenner-Nordzulauf verschafft. Bei seinen Aussagen ist zu hoffen, dass er nur schlecht informiert war und nicht absichtlich Falschinformationen verbreitet hat. Auch nach Angaben der Bahn ist die Bestandsstrecke heute mit nur circa 200 Zügen pro Tag bei Weitem nicht ausgelastet und könnte also mehr Güterverkehr aufnehmen. Für die Zukunft im Jahr 2040 gibt es nur eine halbwegs solide Prognose der „Brenner Corridor Platform“, also der Betreiber, vom Oktober 2021 – und die kommt auf einen Bedarf von 377 Zügen pro Tag.
Wenn man den dort an den Haaren herbeigezogenem Umwegverkehr wegnimmt, dann bleiben weniger als 300 Züge. Die Bestandsstrecke lässt sich aber mit nur geringen Verbesserungen mit 390 bis 400 Zügen betreiben. Für jeden Laien wird klar, dass kein Bedarf für zusätzliche zwei Hochgeschwindigkeitstrassen besteht, wenn man weiß, dass die Strecke zwischen Grafing und München dauerhaft zweigleisig bleiben soll. Der Bedarf ist also in keiner Weise nachgewiesen – im Gegenteil.
Deshalb ist es wichtig, dass unser Landrat und die Bürgermeister nochmals auf dem einstimmigen Kreistagsbeschluss beharren: „Ohne Bedarf keine Neubaustrecke!“
Im OVB-Artikel wird außerdem sehr deutlich, welche enormen Schäden an Natur und Umwelt durch die geplante Neubautrasse verursacht würden. Auch mehr Tunnel lösen das Problem nicht, sondern verschärfen es: Allein durch den Bau der bisher geplanten Tunnel wird mehr CO2 erzeugt, als jemals durch wegfallenden Lkw-Verkehr kompensiert werden kann. Das gilt insbesondere, weil in 20 oder 30 Jahren Lkw kaum mehr CO2 erzeugen werden. Das ist aber seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz verfassungswidrig.
Roland Feindor
Rosenheim
Es ist schon erstaunlich, wie wandlungsfähig die CSU-Politiker sind, seit die CSU auf Bundesebene in der Opposition ist. Zuerst wird der Neubau des Brenner-Nordzulaufs durch den ehemaligen Bundesverkehrsminister mit Szenarienmodellen, die nicht mehr wert sind als ein Wetterbericht, befeuert. Dann stellt man sich als unschuldig dar. So soll die Ampelregierung allein für den weiteren Ausbau des Brenner-Nordzulaufs verantwortlich gemacht werden. Wenn Verkehrsminister Bernreiter redlich wäre, hätte er auch zu dem Termin vor Ort zumindest den zentralen Sprecher der Bürgerinitiativen eingeladen, da dies einem Dialog auf Augenhöhe entsprochen hätte.
Meine Vorhersage ist: Dem ersten Milliardengrab Stuttgart 21 mit mehr als 10 Milliarden Euro und dem zweiten Milliardengrab der zweiten Stammstrecke in München mit mehr als 20 Milliarden folgt ein drittes Milliardengrab Brenner-Nordzulauf mit bis zur Fertigstellung voraussichtlich nötigen 20 bis 30 Milliarden Euro. Geld spielt für die Politiker keine Rolle, da sie ja bis zur Fertigstellung nicht mehr verantwortlich gemacht werden können.
Roland Baumann
Neubeuern
„Dass der Brenner-Nordzulauf gebaut wird, darüber müssen wir nicht diskutieren“, sagte Verkehrsminister Bernreiter in Stephanskirchen. Diese Aussage könnte einen glatt umhauen. Es ist immer dasselbe Muster. Die Politik übernimmt die Argumente der Wirtschaft, die ihr in Hochglanzbroschüren mundgerecht serviert werden. Wissenschaftliche Aussagen und Zahlen werden ignoriert.
So wurde schon vor Jahren in einer wissenschaftlichen Studie festgestellt, dass die täglichen Bahngastzahlen im Hochgeschwindigkeitszug zwischen München und Verona viel zu gering sein werden. Die Einnahmen werden bei weitem nicht ausreichen, um die Kosten für den laufenden Betrieb zu decken. Von den Milliarden, die für den Bau des Brenner-Basis-Tunnels ausgegeben werden, ganz zu schweigen! Woher kommt die Beratungsresistenz der Politik gegenüber wissenschaftlichen Aussagen?
Bundeskanzler Scholz verkündet stolz den 200-Milliarden-Doppel-Wumms. Dabei verschweigt er, dass dies eigentlich ein verheerendes Eingeständnis ist, weil die Politik seit zwei Jahrzehnten auf die Aussagen der Wissenschaft einfach nicht gehört hat. Immer wieder gab es Warnungen, dass sich die Bundesrepublik von Russland nicht so abhängig machen dürfe. Stattdessen hörte man lieber auf die Einflüsterungen der Wirtschaftslobby.
Die gleiche Beratungsresistenz der Politik zeigt sich nun beim Brenner-Nordzulauf. Die Bahn ist hoch verschuldet, der Zustand der Infrastruktur desaströs, der Nahverkehr unpünktlich. In der Vergangenheit wurden Fehler über Fehler gemacht. Die Katastrophe wird durch den Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke zum Brenner noch um ein Kapitel erweitert. Es ist zum Haareausraufen!
Josef Grundner
Stephanskirchen
Es ist schon befremdlich, zu lesen, was Herr Bernreiter, seines Zeichens Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr, in puncto Brenner-Nordzulauf zum Besten gibt: „Der Bedarf sei sicher leicht nachzuweisen, denn schon heute gebe es keinerlei Möglichkeit, mehr Güter auf die Schiene zu verlagern.“ Hat sich unser Verkehrsminister vor dem Ortstermin in Stephanskirchen eigentlich überhaupt zu den zugehörigen Fakten schlau gemacht?
Offensichtlich nicht, denn sonst wüsste er, dass es auf dem bereits bestehenden Brenner-Nordzulauf sehr wohl noch freie Kapazitäten gibt. Das Problem ist nicht die fehlende Erweiterung des Brenner-Nordzulaufs, sondern es sind die fehlenden Anreize für die Unternehmen, ihre Güter wirklich auf die Schiene zu verlagern. Solange die Schiene deutlich teurer und umständlicher ist als die Straße, werden die Lkw nicht vom Brenner verschwinden und wird die Tiroler Blockabfertigung ein Problem bleiben. Aber zur Lösung dieses Problems bräuchte man wohl einen Verkehrsminister, der sich zunächst einmal mit den Fakten seines Zuständigkeitsbereichs auskennt.
Wilfrid Mache
Hohenthann