Zur laufenden Berichterstattung über den geplanten Brenner-Nordzulauf (Regionalteil):
Als Projektleiter für den viergleisigen Streckenausbau von München nach Augsburg kenne ich die Sorgen der Anwohner und Betroffenen. Mit etwas gutem Willen auf beiden Seiten findet man auch Lösungen.
Die Bahn rechnet mit 400 Zügen pro Tag, wenn der Brennerbasistunnel fertiggestellt ist. Die tatsächliche Anzahl der Züge wird aber davon abhängen, wie die Transportunternehmen die Schiene annehmen. Voraussetzung dafür ist eine leistungsfähige Infrastruktur.
Wenn die Bahn in den Bestand baulich eingreift, wie bei einem Ausbau der vorhandenen Strecke, ist sie gesetzlich dazu verpflichtet, die Schallimmissionen auf die vorgeschriebenen Grenzwerte zu reduzieren. Das geschieht in erster Linie durch den Bau von Schallschutzwänden. Die Ortschaften entlang der Strecke müssten dann vier bis fünf Meter hohe Schallschutzwände beiderseits der Bahn erhalten. Die jetzt noch schönen Ortsbilder würden sehr negativ verunstaltet.
Eine Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs wäre nicht möglich, da die Trassen für den Güterverkehr zur Verfügung stehen müssen. Für die Dauer der Bauarbeiten müssten abschnittsweise immer wieder Gleise gesperrt werden, was den Bahnbetrieb erheblich einschränkt. Schienenersatzverkehr und Zugausfälle im Nahverkehr sowie der Baulärm, sehr oft auch in den Nachtstunden, und die Belastung des Straßennetzes durch Baustellenfahrzeuge müssten über Jahre hinweg in Kauf genommen werden.
Das Projekt wird bestellt und finanziert durch den Bund und die EU. Die Bahn als Projektträger ist lediglich ausführendes Organ. Österreich hat es uns vorgemacht – wir hinken weit hinterher. Bei uns werden Projekte zu Tode diskutiert und zerredet.
Karl Hamberger
Feldkirchen-Westerham
Die Gegner des Projekts bezweifeln den Bedarf einer zweigleisigen Neubaustrecke mit dem Argument, dass der zu erwartende Verkehr auf der Bestandsstrecke abgewickelt werden kann. Sie stützen sich dabei auf Gutachten, welche die von der Drei-Länder-Arbeitsgruppe Brenner-Verkehr ermittelten Zahlen für den zu erwartenden grenzüberschreitenden Alpentransit zwar akzeptieren, aber deren Verteilung auf die Alpenübergänge anzweifeln. Sie gehen davon aus, dass Gotthard- und Tauernübergang künftig einen größeren Anteil übernehmen werden – deren Zulaufstrecken in Deutschland haben noch Kapazitäten frei. Dieser Annahme liegt eine Fehleinschätzung zugrunde:
Die Schweiz duldet mit Rücksicht auf ihre Bürger keine Verkehrs-Mehrbelastung durch den Transit und Österreich hat seine Entscheidung für die Priorität des Brennerübergangs mit dem Tunnelbau beschlossen. Wenn Deutschland diese Priorisierung nicht gewollt hätte, wäre vor über 30 Jahren der richtige Zeitpunkt für Verhandlungen gewesen. Jetzt ist es zu spät.
Im Zusammenhang mit der Blockabfertigung auf den freien Warenverkehr zu bestehen, bringt nichts. Die EU wird Österreich recht geben mit dem Hinweis auf die großzügige finanzielle Förderung des grenzüberschreitenden, umweltfreundlichen Bahnverkehrs auf der vereinbarten Strecke – übrigens auch des deutschen Nordzulaufs.
Manfred Kreibig
Pocking