„Heillos überfordert“ – Wut über Bahn und Politik

von Redaktion

Zum Artikel „Bestandsstrecke reicht nicht aus“ und die Planungen der Bahn am Brennerbasistunnel (Regionalteil):

Jetzt wissen wir es endlich! Der Teilprojektleiter der Bahn, Armin Franzke, erklärt ausführlich, weshalb Rosenheim vom schnellen Personenverkehr abgekoppelt wird und stattdessen die Güterzüge auf der alten, unveränderten Bestandsstrecke durch Rosenheim rattern werden.

Die Personenzüge, die mit hoher Geschwindigkeit auf Rosenheim zufahren sollen, halten nicht im Rosenheimer Bahnhof, sonst müssten sie schon in Grafing anfangen zu bremsen. Die Staus werden immer länger, je höher die Geschwindigkeit ist, mit denen Verkehrsteilnehmer (also die Züge) auf die Bremsstelle zufahren, erklärt uns Herr Franzke am Beispiel des Panger Kreisels.

Er nennt das „Inhomogenität“. Ein schönes Wort für die Misere der Bahn. Andere nennen es Fehlplanung und jahrelangen Abbau von Kundenfreundlichkeit.

Die bestehende Strecke sei nicht optimal, sagt Herr Franzke. Wäre es da nicht logischer, etwas für die Modernisierung der bestehenden Strecke zu tun, als Milliarden für eine fragwürdige Neubaustrecke in den Sand beziehungsweise Beton zu setzen?

Und was ist mit den langsamen Güterzügen, die bestenfalls 110 km/h auf die Schiene bringen? Ach ja, richtig, die Güterzüge brauchen den großen Bogen um Rosenheim. Warum eigentlich? Um den rasenden Personenfernverkehr auf ein vernünftiges Tempo abzubremsen? Wäre es nicht viel sinnvoller, den Rosenheimer Bahnhof mit einem Tunnel für Güterzüge auszustatten? Ein launiges „abwegig“ aus dem Mund der Bahn reicht da nicht aus.

Macht es wirklich Sinn, eine Umfahrung Rosenheims mit einer zehn Milliarden Euro teuren Neubaustrecke in die Landschaft zu betonieren, wenn es intelligentere Lösungen zu einem Bruchteil des Geldes gibt?

Dr.-Ing. Christian Kaddick

Riedering

Herr Franzke ist sehr bemüht, die Grenzen der Bestandsstrecke zu erläutern. Leider mit Zahlen, die nicht der Realität entsprechen.

Es sind keine 300 Züge zwischen München und Kufstein, das trifft nur auf die Strecke München-Rosenheim zu. Dort biegt ein großer Teil der Züge (etwa 130) in Richtung Salzburg ab. Es verbleiben dann rund 170.

Außerdem wurde der Streckenabschnitt zwischen Rosenheim und Kufstein bereits vor zwei Jahrzehnten als ABS 40 für den BrennerMehrverkehr ausgebaut. Es gibt also noch viele Kapazitätsreserven.

Übrigens: Der für unsere Streckenabschnitte zuständige Planer der Bahn, Herr Tradler, berichtete im Regionalen Dialogforum am 25. Mai in Kufstein, dass die Bahn für die Strecke Trudering/Grafing mit zwei Gleisen für den Personenfernverkehr und den Güterverkehr plant, die anderen beiden Gleise sind ausschließlich dem S-Bahnbetrieb vorbehalten. Dies sei mit verbesserter Technik und angepassten Geschwindigkeiten möglich, von Kapazitätsengpässen war da keine Rede.

Obwohl im Rosenheimer Süden weniger Züge erwartet werden, soll das dort nicht möglich sein? Merkwürdig. Herr Franzke erwähnt nicht, dass es einfacher, schonender und zu einem Bruchteil der Neubaukosten möglich wäre, die bestehende Strecke zu erneuern und zu nutzen.

Er verschweigt, dass mit der Ertüchtigung der Bestandsstrecke der Verkehr schon bei der Eröffnung des Tunnels 2032 reibungslos fließen würde – und nicht erst zehn Jahre später! Er beruft sich auf den Engpass Bahnhof Rosenheim, ohne ernsthaft über Alternativen nachzudenken.

Will die Bahn nicht oder kann sie sich nicht auf die verträglichste Lösung einlassen? Hauptsache teuer und unnütz ist die Devise. Das kritisiert der Bundesrechnungshof seit Jahren, zuletzt in seinem vernichtenden Jahresbericht 2022.

Lothar Thaler

Schechen

Was nun? Reicht die Bestandsstrecke für den Brenner-Nordzulauf nicht aus oder liegt das Problem im Nadelöhr Rosenheimer Bahnhof?

Immer deutlicher wird, dass es der Bahn an sachlichen Argumenten für ihre Planungen mangelt. Denn was Planer Armin Franzke von sich gibt, ist ziemlich wirres Zeug. Da wird von Staugefahr bei höheren Geschwindigkeiten gesprochen, obwohl doch Güterzüge mit moderater Geschwindigkeit in einem weiten Bogen um Rosenheim herumgeführt werden sollen.

Faktisch falsch ist auch die Zahl von 300 Zügen, die derzeit angeblich täglich zwischen München und Kufstein verkehren. Zwischen München und Rosenheim hätte die Zahl in etwa gepasst. Zwischen Rosenheim und Kufstein sind es aktuell 160 bis 180 Züge pro Tag.

Warum man eine überschaubare Untertunnelung von Rosenheim als „abwegig“ bezeichnet, gleichzeitig aber wesentlich längere Tunnelabschnitte und massive Landschaftszerstörung im Landkreis Rosenheim für akzeptabel hält, ist eine weitere Ungereimtheit.

Herr Franzke muss sich auch fragen lassen, warum die Bestandsstrecke nicht längst auf Neubaustandard gebracht wurde, wenn sie nicht mehr im „optimalen Bereich“ liegt und massive Beeinträchtigungen des Bahnverkehrs die Folge sind. Was man von den Planern der Bahn zu halten hat, ist spätestens seit Stuttgart 21 und der zweiten Stammstrecke in München deutlich.

Die Planungen der Bahn im Raum Rosenheim haben das Potenzial, diese Katastrophen noch zu übertreffen.

Sepp Brem

Rohrdorf

Jetzt sieht es so aus, dass die bestehende Strecke den zu erwartenden Verkehr bewältigen könnte, wenn nur nicht der Bahnhof Rosenheim wäre. Es müssten Umbaumaßnahmen vorgenommen werden, um den Abzweige- und Kreuzungsverkehr zu erleichtern. Aber leider, leider ist auf dem Bahnhofsgelände bereits jeder Quadratmeter verkauft oder verplant.

Ja was haben denn tausende Bürger in verschiedenen Bürgerinitiativen sowie Verkehrsplaner und Experten seit Jahren gepredigt? Aber unsere Verkehrsminister, unsere Stadtväter und die Planer der Deutschen Bahn, dem größten Chaosunternehmen des Landes, haben immer alles besser gewusst.

Jetzt wird eben eine Schnellbahntrasse um Rosenheim herum gebaut, der Rosenheimer Bahnhof verkommt zum Provinzbahnhof, wo man in den Bummelzug nach München einsteigen kann.

Dafür wird für die Neubaustrecke betoniert, was das Zeug hält. Es werden gewaltige Umweltschäden angerichtet, die eigentlich jedem Klimaschützer die Tränen in die Augen treiben müssten. Ich habe jeglichen Glauben daran verloren, dass unsere Politiker und Volksvertreter noch zu vernünftigen Lösungen kommen werden.

Wer nicht einmal das Problem der Blockabfertigung lösen kann, wer in München keine U-Bahn zustande bringt, der ist mit dem Brenner-Nordzulauf hoffnungslos überfordert.

Dieter Eberle

Rosenheim

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