Gestörte und dekadente Gesellschaft

von Redaktion

Zu den Berichten „Anti-Queer-Post: Demo am Rathaus“ „Hasserfüllte Aussagen“ und „CSU-Chef entschuldigt sich“
(Regionalteil):

Es war offensichtlich der „Christopher Street Day“ in Rosenheim, der den Dritten Bad Aiblinger Bürgermeister Markus Stigloher (CSU) zu der Äußerung veranlasste, dass es kein Adoptionsrecht für Homosexuelle geben sollte. Damit hat er in ein veritables Wespennest gestochen. Aber haben die bei derartigen Veranstaltungen auftretenden Akteure auch bedacht, dass ihr an den Tag gelegtes, oft obszönes und aufdringliches Verhalten Gedanken, wie die von Herrn Stigloher geäußert, geradezu heraufbeschwören können? Die Menschen sind nicht alle gleich und so mancher findet ein derart provozierendes Auftreten ärgerlich.

Besonders ärgerlich ist, dass nicht verhindert werden kann, dass Kinder und Jugendliche das alles voll mitbekommen. Wenn aber Teilen der CSD-Bewegung die Gefühle ihrer Mitmenschen und vor allen Dingen ihrer jüngeren Mitbürger, egal sind, dann muss an ihrer Reife, ein Kind zu adoptieren und großzuziehen, gezweifelt werden. Übrigens: Die Adoption eines Kindes durch Homosexuelle ist in den meisten Ländern verboten. Und selbst wenn dies anders wäre: Wenn Markus Stigloher der Meinung ist, dass Homos kein Adoptionsrecht haben sollten, dann ist es seine Meinung, die respektiert werden muss und ich finde es schade, dass er sich von ihr distanziert hat. Es ist seine Meinung, die vom Grundgesetz auf Meinungs- und Redefreiheit gedeckt ist und wir sollten vorsichtig damit sein, immer gegen Andersdenkende und -schreibende vorzugehen.

Meine Gedanken beim Betrachten des Fotos von der Demo vor dem Aiblinger Rathaus waren: Das ist Haberfeldtreiben vom Feinsten. Meinen Respekt möchte ich Bürgermeister Schlier und denjenigen Stadträten aussprechen, die nicht bereit waren, ihren Dritten Bürgermeister dem (G)eifer der grünen Stadträtinnen zu opfern.

Karin Stöttner-Lüdtke

Bad Aibling

Der Post von Herrn Markus Stigloher ist zwar nicht nach meinem Geschmack, aber in einem Punkt ist er doch bedenkenswert. Ein Kind braucht im Idealfall die Beziehung zu den beiden Gegenpolen Vater und Mutter, in denen es sich spiegeln kann, um auch im späteren Leben Orientierung zu finden. Ehrlich gesagt, hätte ich auch nicht von zwei Männern erzogen werden wollen, die mich womöglich auf ihre schrillen, und wie ich finde ihrem Ansehen auch nicht dienlichen ausgeflippten Straßenparaden mitgezogen hätten.

Es ist gut und richtig, dass sexuelle Orientierung, gleich welcher Art, nicht mehr diffamiert werden sollte. Aber man kann den Bogen auch überspannen, und wie so oft fällt unsere Gesellschaft wieder von einem Extrem ins andere, statt einen adäquaten Mittelweg zu finden.

Kinder, die zur Adoption freigegeben werden, haben vorher oft starke seelische Erschütterungen erlebt und brauchen ein stabiles, gesundes und natürliches Umfeld. Hetze mit Hetze zu erwidern, ist bestimmt nicht der richtige Weg. Und die Grünen, die ja scheinbar Sensibilität für sich gepachtet haben, sollten sich über diesen Post nicht so echauffieren, wenn ich nur daran denke, dass durch ihr eifriges Zutun heutzutage „unerwünschtes“, werdendes Menschenleben einfach so entsorgt werden kann.

Der Shitstorm, der hier über einen einzelnen Menschen wegen eines zugegeben sehr missglückten Posts hereinbricht, ist nicht ganz angemessen und zeigt vor allem eines: Eine gestörte und dekadente Gesellschaft, die lieber bei anderen das Schlechte sucht, als vor der eigenen Türe zu kehren.

Regina Bacher

Bad Feilnbach

In dem Post der Willinger CSU wurde eine Menschengruppe stark gekränkt. Viele Menschen haben das zu- recht angeprangert. Aber mich stört das Wort „hasserfüllt“.

Auch wir haben sicher schon öfter Menschen gekränkt und möchten trotzdem nicht als hasserfüllt verschrien werden. Wer Hass sät, wird auch Hass ernten. Könnten wir bitte wieder zu einer liebevollen Sprache zurückkehren, in der sich jeder zu sagen traut, was ihn stört? Unsere Demokratie lebt von der freien Meinungsäußerung.

Theresia Dietrich

Bad Aibling

Menschenverachtende Aussagen haben wenig mit Meinungsfreiheit zu tun, noch dazu, wenn sie nicht auf einem Privatprofil getätigt werden, sondern auf dem offiziellen Social-Media-Profil der CSU Willing.

Auch wenn Herr Stöttner den Urheber als „nicht homophob“ beschreibt, muss man sich doch fragen, wie dessen Formulierungen denn dann sonst gemeint sein könnten. Umso trauriger, dass einige Parteikollegen, leider auch unser Bürgermeister, einer deutlichen Stellungnahme bisher aus dem Weg gehen.

Bei solchen Vorfällen würde man von offiziellen Vertretern erwarten, dass sie hier klare Kante zeigen, aber hier wird sich nur weggeduckt. Es wird Zeit für die ortsansässige CSU, sich eindeutig zu positionieren. Denn wer die Kommentare unter der „Entschuldigung“ auf Facebook gelesen hat, weiß, aus welcher Ecke die Zustimmung weht.

Andreas Stechl

Bad Aibling

Ich meine, ein toleranter Mensch zu sein. Jeder darf seine Meinung haben, posten und nach außen vertreten. Jeder darf so leben, wie er möchte, wenn er keinem anderen schadet und gesetzeskonform handelt. Der Vorsitzende der Willinger CSU darf das offensichtlich nicht mehr, ohne dass seine Meinung als „hasserfüllte Aussagen“ von der grünen Jugend diskriminierend abgetan werden. Ich sehe keinerlei „hasserfüllte Aussagen“ von Herrn Stigloher gegen queere Personen. Ich sehe keinerlei Grenzüberschreitungen, bei dem, was er gepostet hat.

Was wir aber feststellen, ist die Diktatur und die Diskriminierung Andersdenkender, die nicht mit dem Mainstream mitschwimmen. Das sind höchst gefährliche Entwicklungen, gegen die man sich wehren muss. Wenn man nicht mehr seine Meinung sagen darf – wohl gemerkt, ohne eine Person zu diffamieren – dann sehe ich schwarz für unsere Demokratie. Und apropos schwarz: Leider knickt hier die CSU auch wieder ein. Wie schade.

Es scheint keine Politiker mehr zu geben, die an der Stelle den Mut haben, gegen den Strom zu schwimmen, denn dann werden sie niedergebügelt. Wer ist da noch wählbar? Toleranz ist nicht, die Meinung anderer gutzuheißen, sondern in Respekt und Achtung andere Meinungen zu akzeptieren und stehenzulassen.

Demokratisch denken und handeln heißt: Ich diskriminiere keinen, sondern achte die Meinung anderer, auch wenn ich anders darüber denke. Wir scheinen diese demokratischen Spielregeln verloren zu haben. Eine Tageszeitung muss diese Regeln auch einhalten. Ich bin entsetzt!

Thomas Scherer

Stephanskirchen

Warum macht Herr Stigloher mit seiner beruflichen, politischen und Lebenserfahrung im Namen der CSU Willing so seine Haltung gegen einen Teil unserer Gesellschaft öffentlich kund? Denn sie ist eine massive Beleidigung dieser Menschen und keine Wahrnehmung der Meinungsäußerungsfreiheit, weil sie die persönliche Ehre angreift. Darüber hinaus hat er den Gemeinten ein gesetzlich verbrieftes Recht auf eine Adoption abgesprochen. All das war bewusst und gewollt. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – das ist ein Rechtsgrundsatz. Er ist zu beachten, und zwar gerade von Menschen, die wie Herr Stigloher qua Amt Teil unserer staatlichen Gewalt sind.

Auf die Reaktionen entgegnete er mit der heute leider gerade unter Verantwortungsträgern verbreiteten scheinbaren Lösung, sich zu entschuldigen. Das geht nicht. Denn die Schuld liegt darin, dass er Menschen in ihrer Würde und ihren Rechten verletzt hat. Von der Schuld und von den Folgen des Verhaltens kann sich niemand selbst freisprechen. Als Täter kann man nicht der eigene Richter sein.

Da die Schuld in der Welt ist und nicht mehr gelöscht werden kann, gibt es nur die Möglichkeit, an Getroffene die Bitte zu richten, den Fehler zu entschuldigen und die Bitte anzunehmen, ihm also zu verzeihen. Das setzt voraus, sich zur Schuld zu bekennen und somit die Änderung seiner Haltung zu belegen. Das hat er nicht getan. Irritierend sind Reaktionen von Rats- und Parteimitgliedern, die den Skandal herunterspielen: Denn es ist völlig irrelevant, ob man ihm die Entschuldigung „schon abnimmt“, dass damit „ein Rücktritt nicht notwendig ist“, dass sie „angemessen“ sei, denn es war ja keine! Fazit aus meiner Meinung: Herr Stigloher hat das Vertrauen verspielt, er muss zurücktreten!

Johannes Jung

Bad Aibling

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