„Weiche Knie“ nach der Messerattacke

von Redaktion

Prozess gegen Asylbewerber: Zeugen bestätigen Einschätzung der Staatsanwaltschaft

Traunstein/Waldkraiburg – Ein 23-jähriger Nigerianer rastete am 6. Juni 2018 in einer Asylbewerberunterkunft in Waldkraiburg aus und stach mit einem Messer auf verschiedene Leute ein. Drei Männer trugen Verletzungen davon. Die Taten brachten dem 23-Jährigen eine Anklage am Schwurgericht Traunstein ein (wir berichteten).

An jenem Tag hatte es – unabhängig von dem Geschehen am Abend – mittags tumultartige Unruhen in der mit etwa 350 Personen besetzten Unterkunft gegeben. Ausgangspunkt war eine Anordnung der Regierung von Oberbayern, alle Kühlschränke aus den Zimmern der Flüchtlinge aus Brandschutzgründen entfernen zu lassen. 150 Polizeibeamte bekamen die auch für sie nicht ungefährliche Lage in den Folgestunden in den Griff.

Das 29-jährige Opfer hatte die Unterkunft gegen 14 Uhr mit seiner Freundin und dem gemeinsamen Kind verlassen. Als er gegen 19 Uhr zurückkehrte, zettelte der Angeklagte im Eingangstrakt einen Streit an. Der 29-Jährige ging in sein Zimmer. Nach zehn Minuten trat er im Erdgeschoss wieder aus dem Fahrstuhl. Seine Freundin informierte ihn, der 23-Jährige, den alle Pastor nannten, suche ihn.

Gemäß Anklage von Staatsanwalt Thomas Krojer attackierte der Nigerianer den 29-Jährigen anschließend erneut. Als der Vater seine Tochter auf den Arm nehmen wollte, soll der 23-Jährige von hinten mit dem Messer auf ihn eingestochen haben. Stiche in den Rücken verursachten eine gefährliche Lungenverletzung, ein weiterer in Richtung des Kopfes eine kleine Wunde am Ohr. Der 29-Jährige musste stationär versorgt werden und einige Tage im Krankenhaus bleiben.

Stiche in den Rücken verursachen eine Lungenverletzung

Das Hauptopfer erinnerte sich gestern an die damaligen „Probleme im Camp“ samt Polizeieinsatz, alles ausgelöst durch den Kühlschrankdiebstahl eines Somaliers am 5. Juni 2018. Die Vorfälle am nächsten Abend schilderte der Zeuge im Sinn der Anklage. Nach dem Stich in den Rücken habe er sich „steif gefühlt“: „Ich konnte mich nicht mehr bewegen.“ Zwei weitere Stiche habe er an der gleichen Stelle verspürt. Die Narben seien noch immer zu sehen.

Sicherheitsdienstleute hätten sich um ihn gekümmert und die Polizei gerufen. Bis heute habe er Schmerzen und könne „nicht gut atmen.“ Zu der am ersten Verhandlungstag vorgetragenen Notwehrversion des Angeklagten (wir berichteten) meinte der 29-Jährige: „Das stimmt nicht. Er hat mich angegriffen.“

Der Verteidiger, Axel Reiter aus Mühldorf, hakte gestern wegen in einigen Details abweichender Angaben des 29-Jährigen vor dem Ermittlungsrichter nach. Mehrere Securitys als auch Mitbewohner schritten damals ein, um Schlimmeres von dem 29-Jährigen abzuwenden. Zeugen, darunter fünf Securitys und zwei Sozialarbeiter, berichteten, alles sei „sehr schnell“ abgelaufen.

Bei Versuchen, den wahllos um sich stechenden Täter abzudrängen und zu entwaffnen, gab es damals noch zwei Verletzte. Ein Flüchtling, der schon am ersten Tag angehört worden war, erlitt eine Stichwunde in den Oberschenkel. Ein 54-jähriger Security stand an einer Tür, als er in dem Handgemenge zwischen Flüchtlingen, die dem 23-Jährigen das Messer abnehmen wollten, etwas blitzen sah. Er warnte alle: „Vorsicht, Messer.“ Ihn selbst bewahrte seine Schutzweste vor Verletzungen durch einen Stich in den Rücken, bei dem die Messerklinge abbrach.

Der Zeuge schilderte gestern, er sei unversehrt geblieben, habe jedoch hinterher „weiche Knie“ gehabt. Eine Stichwunde im Unterarm, die ambulant genäht werden musste, trug ein 33-jähriger Sicherheitsdienstmitarbeiter davon. Einem Stich in Richtung Bauch konnte ein 43-jähriger Kollege gerade noch ausweichen. Bei den Taten stand der Angeklagte mutmaßlich unter erheblichem Alkoholeinfluss. Zeugen beschrieben ihn als erkennbar alkoholisiert. Ein 30-jähriger Asylbewerber informierte, man habe nachmittags in einem Park zu viert zwei Kästen Bier getrunken.

Fritz Priemer aus Wonneberg konstatierte, der Angeklagte selbst habe Spuren eines Handgemenges aufgewiesen. Der Sachverständige erläuterte seine Befunde zu den weniger erheblich Verletzten. Auch weitere Gutachter sollen noch aussagen.

Der Prozess gegen den 23-Jährigen wird am 19. März sowie am 1. April fortgesetzt.

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