aus dem Gerichtssaal

„Du hast mein Leben zerstört“

von Redaktion

Weil er eine 30-Jährige um 28000 Euro gebracht hatte, stand ein 35-jähriger Pfaffinger vor dem Schöffengericht Traunstein. Das Urteil: 22 Monate mit Bewährung.

Traunstein/Pfaffing – Über eine Partnerbörse im Internet lernte ein 35-jähriger Mann aus Pfaffing eine 30-jährige Frau aus der Nähe von Traunstein kennen. Er gaukelte Liebe vor. Tatsächlich war er auf ihr Geld aus. Das Schöffengericht Traunstein mit Richter Wolfgang Ott verhängte gegen den teilgeständigen Täter gestern wegen achtfachen Betrugs und eines Betrugsversuchs eine Strafe von 22 Monaten, ausgesetzt auf vier Jahre zur Bewährung mit der Auflage, den Schaden nach Kräften wieder gutzumachen.

Der Angeklagte war am 16. März 2016 in einem Partnerschaftsportal auf die Dame gestoßen. Tatsächlich war der 35-Jährige weniger an einer Liebesverbindung interessiert, wie es in der Anklage sinngemäß hieß. Die folgende Beziehung war für ihn eher Mittel zum Zweck – um von der Frau größere Geldmengen zu erlangen. Dazu erfand der 35-Jährige jede Menge Geschichten über angebliche Notlagen und unerwartete Schicksalsschläge. Einmal behauptete er, er müsse ins Gefängnis, wenn er das Geld nicht rechtzeitig auftreiben könne. Er wollte sich alles angeblich nur für kurze Zeit leihen. Glaubt man dem Täter, so floss das Geld in Sportwetten. Der Leihgeberin versprach er stets, ihr die Beträge bald wieder zurückzuzahlen.

Glaubt man dem Täter, so floss das Geld

in Sportwetten

Seine Rechnung ging einige Monate auf. Erst erschwindelte er jeweils nur einige Hundert Euro, später bis zu über 8000 Euro auf einen Schlag. Die gutgläubige Frau räumte ihr Konto ab und nahm sogar Kredite auf, um dem „Freund“ vermeintlich zu helfen.

Der Angeklagte räumte die Tatvorwürfe mit einem Gesamtschaden von 28 000 Euro binnen eines Vierteljahres ein. Zur Höhe der Einzel-„Darlehen“ meinte er, das wisse er nicht genau. „Ich habe das Geld nicht gezählt“, behauptete er. Seine Absicht, noch mehr Geld zu erbeuten, scheiterte daran, dass mehrere Banken der Frau weitere Kredite nicht bewilligten. Der mittellose Angeklagte, der im November 2016 eine eidesstattliche Versicherung abgelegt hatte, beteuerte vor dem Schöffengericht, er werde alles zurückzahlen von dem Gehalt aus seiner künftigen Arbeitsstelle. Die 30-Jährige offenbarte das miese Vorgehen des Angeklagten. So habe er einen falschen Familiennamen und einen nicht existierenden Wohnsitz in Wasserburg genannt. Zuhause besuchen durfte sie den Betrüger kein einziges Mal. Wenn sie sich mit ihm an einem öffentlichen Platz wie einem Café oder in einer Gaststätte zum Abendessen treffen wollte, habe er das strikt abgelehnt: „Er fand immer Ausreden.“ Stattdessen habe er für die Geldübergaben anonyme Orte wie Tankstellen an verschiedenen Orten in den Landkreisen Traunstein und Rosenheim ausgesucht. Zurück erhalten habe sie bislang keinen Cent, schilderte die Zeugin. Wie die Hauptverhandlung zeigte, ist sie dringend auf Rückzahlung der Schadenssumme angewiesen. Die 30-Jährige ist völlig überschuldet und kann die Raten für die wegen des Angeklagten aufgenommenen Kredite nicht mehr zurückzahlen.

Als der 35-Jährige die Frau gestern um Entschuldigung bitten wollte und dabei behauptete, er habe sie „nie betrügen wollen“, war die 30-Jährige den Tränen nahe. Sie rief: „Ich kann das alles finanziell nicht stemmen. Du hast mich fertig gemacht. Du hast mein Leben zerstört.“ Beim Verlassen des Gerichtssaals gab Richter Wolfgang Ott dem Opfer einen Rat mit auf den Weg: „Seien Sie in Zukunft vorsichtig.“ Die 30-Jährige nickte.

Staatsanwalt Dr. Martin Freudling plädierte im Sinn der Anklage auf eine Freiheitsstrafe von drei Jahren, während der Verteidiger Freispruch beantragte wegen mangelnder Betrugsabsicht. Sollte eine Verurteilung erfolgen, sei eine Strafe mit Bewährung angebracht. So lautet das Urteil auf 22 Monate mit Bewährung.

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