Wasserburg – Der Advent sollte der Anlass sein für eine Besinnung, die die Herzen höher schlagen lässt – nicht ob der zu erwartenden Geschenke, sondern ob der frohen Botschaft. Nichts Höheres als die Wandlung vom Konsumenten zum Mitglied des christlichen Abendlandes wäre also gefragt, und das traditionelle Wasserburger Adventssingen im Alten Rathaussaal erfüllte diese Aufgabe aufs Trefflichste.
Regionales Ereignis mit überragendem Renommee
Bereits zum 52. Mal fand es in diesem Jahr wie immer an zwei Abenden statt, damit ist es die am längsten stattfindende kulturelle Veranstaltung der Stadt und der ganzen Region, die auch Reisegruppen anlockt. Erstaunlich, dass die 28 Mitwirkenden auf der Bühne alle aus der unmittelbaren Region stammen: von Allmansau über Flossing bis Eiselfing und den Altlandkreis Wasserburg. Ein regionales Ereignis also mit überragendem Renommee.
Beim Wasserburger Adventssingen handelte es sich nur vordergründig um ein Konzert, bei dem unverkitschte Volksmusik zum Besten gegeben wird. Da wurde schnell klar, dass es nicht darum geht, nach jeder Nummer Beifall zu klatschen. Das hörte auch bald auf. Nicht, dass die Darbietenden das nicht verdient hätten.
Diese von Helmut Faßl geschickt ausgewählten alten Lieder und Melodien mit ihren eher schlichten, aber poetischen Botschaften entwickelten einen Sog, der das Publikum mit hineinzog in das Weihnachtsgeschehen und die innere Sehnsucht nach Sinnhaftigkeit berührte. Bis dann am Ende alle aufstanden und mit einstimmten in den Andachtsjodler. „Das ist ja wie in der Kirche“, bemerkte denn auch eine Sitznachbarin. Es gab keinen, der nicht gut gelaunt und hoffnungsfroh den Alten Rathaussaal verließ.
Festlich eingestimmt wurde das Publikum durch das „Blechbläserquintett Esprit“ unter der Leitung von Tubaspieler Martin Augenstein. Spezialisiert auf alte Meister und ursprüngliche bayerische Volksmusik, gaben sie die Freude, Kraft und Energie, die sie aus den Werken schöpfen, ans Publikum weiter. Das „Doppelquartett Wasserburger Land“ übernahm den Weckruf und forderte die stolzen Bürger nun mit Gesang auf, aufzuwachen. Die „Herzog Flötenmusi“ stiftete sanfte, aber akkurate Töne bei, die von der „Familienmusik Schatz“ – Günther und Andrea Schatz nebst Kindern – freudig aufgegriffen wurden. Und die „Flossinger Sängerinnen“, die am liebsten in der Kirche oder bei geistlichen Konzerten singen, begaben sich mit Maria auf Herbergssuche.
So wurde die ganze Weihnachtsgeschichte wechselseitig von allen vorgetragen, durchbrochen von einigen Sprecher-Dialogen, die den direkten Bezug zu heute herstellten. Immer wieder meinte da der eine, der stellvertretend für alle steht, dass ihn das doch alles gar nichts angehe, dass er seinen Glauben verloren habe. Wenn der Kopf immer nur was Neues will, aber das Herz eine ganz andere Sprache spricht, verschließt er sich vor dem lichten Leben, das da kommen soll. Keiner sollte sich verweigern, wenn Gott das Wort der Liebe spricht. Eine seelische Innigkeit dafür zu übertragen, war das Verdienst des Wasserburger Adventssingens.