Flächentausch

Adventgemeinde will neu bauen

von Redaktion

„Oben am Berg“ befinden sich die Adventisten. Ein Neubau soll Kirche und Gemeindehaus jetzt nach unten an die Hauptstraße verschieben. Geplant ist auch ein Kindergarten. Ein Großprojekt, mit dem sich die Freikirche weiter in die Stadtgesellschaft integrieren will.

Wasserburg – In Bad Aibling betreiben die Adventisten bereits ein Kinderhaus. Und sogar ein Seniorenheim, das „Haus Wittelsbach“. Jetzt wollen sie auch in Wasserburg eine Einrichtung bauen, die sich weit öffnet in die Bürgerschaft: einen Kindergarten mit Krippe. Er wird Teil eines neuen Kirchengebäudes.

Gestern wurden die Pläne erstmals öffentlich vorgestellt – im Bauausschuss des Stadtrates. In der Sitzung ging es zuerst um planungsrechtliche Schritte: Für das Bauvorhaben der Freikirche muss der Flächennutzungsplan geändert werden (Berichterstattung folgt).

Gestern wurden die Pläne erstmals öffentlich vorgestellt

Der alte Komplex am Burgstall, in den 60er-Jahren errichtet, soll abgerissen werden, erklären Pastor Frederik Woysch, Gemeindeleiterin Gabriele Polatzky und Gemeindemitglied Dirk Huber im Vorfeld der Sitzung im Gespräch mit der Wasserburger Zeitung. Ursprünglich hatte die Gemeinde nach ihren Angaben vor, das veraltete Gebäude, das auch unter Setzungen leidet, im Bestand zu sanieren. Doch in den vergangenen 15 Jahren ist die freikirchliche Gemeinschaft mit dem Einzugsgebiet des Alt-Landkreises Wasserburg stark gewachsen. Weiterer Raum wird benötigt.

Am bisherigen Standort in der Mitte der Siedlung Burgstall sind die Platzverhältnisse beengt. Es fehlen Flächen zum Parken und An- sowie Abfahren. Der Platz für die Integration einer Kinderbetreuungseinrichtung reicht nicht aus. Die Gemeinde entschied sich deshalb für einen Neubau. Er soll 50 Meter weiter Richtung Salzburger Straße rücken. Dafür soll ein Grundstückstausch stattfinden (siehe Kasten).

1000 der 1900 Quadratmeter des neuen Grunds werden bebaut – mit einem ein- bis zweigeschossigen Gebäude. Es soll nach Angaben von Pastor Woysch Raum für Kirche und Gemeinde sowie für eine Kindergarten- und eine Krippengruppe mit insgesamt vermutlich 37 Kindern bieten.

Betreiberin der Betreuungseinrichtung ist nicht die Gemeinde, sondern das Advent-Wohlfahrtswerk, eine Wohlfahrtseinrichtung der Freikirche. Sie ist Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband. Das Sozialwerk betreibt unter anderem Kindergärten.

Die Einrichtung in Wasserburg soll dazu beitragen, dass der Bedarf an weiteren Betreuungsplätzen für Kinder gedeckt wird. Kindergarten und Krippengruppe seien offen für Familien aller Konfessionen, sagt Pastor Woysch. Das pädagogische Konzept werde von christlichen Werten, das Kindergartenleben vom Kreis der christlichen Feiertage geprägt. Missioniert werde nicht, betont Woysch.

Die Adventgemeinde sei in engem Kontakt mit der Stadt und dem Landratsamt. Sie hofft, dass die planungsrechtlichen Schritte erfolgreich zu stemmen sind und 2020 Baurecht erlangt wird. Die Gesamtinvestition beträgt nach Angaben von
Woysch etwa 3,6 Millionen Euro – 1,7 davon gehen in Kindergarten und Krippe. Für diese Einrichtungen erwarten die Adventisten Zuschüsse. Nach eineinhalb Jahren soll Ende 2021/Anfang 2022 die Kinderbetreuungseinrichtung öffnen. Ab 2022 werde dann das jetzige Gelände zurückgebaut.

Hintergrund: Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten

1951 begann die Geschichte der Adventisten in Wasserburg – mit dem Bau einer kleinen Holzkapelle. Kirche und Gemeindehaus am Burgstall entstanden in den 60er Jahren.

Die Adventisten sind eine evangelische Freikirche. Ihre drei Grundprinzipien: Freiwilligkeit, Selbstständigkeit, Unabhängigkeit. Die Adventisten praktizieren keine Kinder-, sondern nur die Bekenntnis- beziehungsweise Gläubigentaufe. Sie befürworten die strenge Trennung von Kirche und Staat. Bei der Finanzierung kann deshalb nicht auf Kirchensteuern zurückgegriffen werden. Die Freikirche lebt von Spenden und Gaben der Gemeindemitglieder.

Wichtig ist ihnen als Siebenten-Tags-Adventisten der Sabbat (Samstag), an dem Gottesdienst gefeiert wird. Und der Advent als Begriff für Jesus Wiederkunft.

In Wasserburg gibt es vier Freikirchen: die Baptisten, die Mennoniten, die christliche Gemeinde und die Adventgemeinde. Letztere ist die größte freikirchliche Gemeinschaft in der Innstadt. Sie hat nach eigenen Angaben etwa 100 erwachsene Mitglieder. Hinzu kommen noch etwa 45 Kinder und Jugendliche. 90 Mitglieder besuchen regelmäßig den Gottesdienst am Samstagvormittag. Die Gemeinde unterhält Angebote für Kinder, Jugendliche und Senioren, hat eine eigene Pfadfindergruppe.

Die Siebenten-Tags-Adventisten haben deutschlandweit 35000 getaufte Mitglieder, weltweit gut 19 Millionen. Sie sind Gastmitglied im Arbeitskreis christlicher Kirchen. duc

Stellungnahme des Burgstallhofes

Seit den 50er-Jahren gehört die Adventgemeinde zur Siedlung am Burgstall – in gutem Einvernehmen mit der Nachbarschaft, wie Pastor Frederik Woysch und Nachbar Hermann Kühn einhellig betonen. „Wir wollen am Burgstall bleiben“, sagt Woysch, der sich seit 2014 gemeinsam mit den Grundeigentümern um eine Lösung bemüht. Sie ist jetzt gefunden: Für den geplanten Neubau, der auf die Rückseite der Siedlung Richtung Salzburger Straße rücken soll, ist ein flächengleicher Grundstückstausch vorgesehen. Von „unaufgeregten Gesprächen“ spricht Landwirt Hermann Kühn, einer der Haupteigentümer der Tauschflächen. Er will nach dem Neubau des Gemeindehauses und dem Abriss des Altgebäudes das Areal in einen Obstgarten zurückführen – wie es früher war. Außerdem sollen Flächen des jetzigen Standortes in den Straßen- und Parkraum integriert werden. Kühn betreibt den letzten landwirtschaftlichen Betrieb im Stadtgebiet – im Nebenerwerb. Den Biobetrieb mit Hofladen gibt es bereits in der fünften Generation. duc

Artikel 1 von 11