Rosenheim – Vor Millionen von Jahren bevölkerten Meeressaurier die Ozeane der Erde. In Rosenheim erwachen die Wesen der Urzeit im September zum Leben: Dann gastiert die Wanderausstellung „Saurier – Giganten der Meere“ im frisch modernisierten Lokschuppen. Kuratiert hat die Ausstellung der Paläontologe und „Saurier-Experte“ Dr. Bernd Herkner. Er erklärt, was die Meeressaurier mit Oberbayern verbindet und warum ein Ausflug nach Rosenheim lohnt.
Herr Herkner, was erwartet uns bei der neuen Ausstellung im Lokschuppen?
Wir entführen die Besucher in eine Unterwasserwelt im Erdmittelalter. Das ist eine lange Zeitreise, die vor etwa 250 Millionen Jahren beginnt und ganz radikal mit dem Aussterben der Saurier endet. Wir zeigen aber auch, was danach geschah: Mit dem Einschlagen eines Asteroiden starben 70 Prozent der Tierarten aus. Nach einer Zeit der Stille, in der die Erde sich regenerierte, besiedelten die Wale die Meere und übernahmen die ökologische Nische von den Meeressauriern. Die Ausstellung zeigt, wie sich Meeresreptilien wie Krokodile, Seeschlangen oder Schildkröten weiterentwickelt haben. Viele dieser Tierarten sind ja inzwischen wieder vom Aussterben bedroht.
Nun liegt Rosenheim ja nicht unbedingt am Meer.
Ganz im Gegenteil! Im Erdmittelalter war der Meeresspiegel wesentlich höher – im Extremfall bis zu 200 Meter höher als heute. Europa war eine Insellandschaft und weite Teile des Gebiets überflutet. Deswegen findet man hier Fossilien aus dem Meer, auch von Meeressauriern. Die Gegend ist berühmt dafür, denken Sie nur an Sollnhofen und Eichstätt, das sind weltbekannte Fossillagerstätten. Süddeutschland gilt als eines der besten Fundgebiete.
Sie zeigen also auch Funde aus der Region?
Ganz viele sogar. Wir haben zum Beispiel einiges an Material vom Eichstätter Jura-Museum ausleihen können, aber auch verschiedene Exponate vom Paläontologischen Institut München und vom Senckenberg Naturmuseum Frankfurt.
Welche Exponate gibt es zu sehen?
Unsere Hauptakteure sind die lebensgroßen Modelle. Wir zeigen die drei Phasen Trias, Jura und Kreidezeit, da gab es unterschiedliche Meeressaurier und Tiere. Es beginnt mit kleinen Meeressauriern im Trias, die dann im Jura schon relativ groß werden – wie unser Plakatmotiv, der Liopleurodon. Der ist sieben Meter lang, hat riesige Zähne und ein ebenso riesiges Maul. Wir zeigen aber natürlich auch Original-Fossilien. In der Kreidezeit haben wir dann unsere größte Inszenierung: eine Meeresschildkröte mit vier Metern Länge – die größte, die jemals gelebt hat.
Was ist Ihrer Meinung nach das Besondere an der Ausstellung?
Diese Ausstellung zeigt sehr viel Originalmaterial, und die Modelle, die wir gebaut haben, beruhen auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und sind absolut auf dem aktuellsten Stand. Wir bewegen uns also auf einem hohen Niveau, was die Qualität der Fossilien und Modelle angeht. Das ist das eine.
Und das andere?
Wir erwecken die Meeressaurier im Lokschuppen zum Leben. Wir haben das größte Paläoaquarium Europas mit zwölf Metern Breite und vier Metern Höhe. Das ist ein virtuelles Aquarium, in dem die Tiere aus der Kreidezeit in Lebensgröße an einem vorbeischwimmen. Da läuft nicht einfach nur ein Film ab. Wir haben eine Computerspielumgebung, wo die Tiere nach dem Zufallsprinzip auftauchen und verschwinden. Man kann sich stundenlang davorsetzen und sieht doch nie dieselben Szenen. Für mich als Paläontologen ist das natürlich besonders spannend.
Spannend soll die Ausstellung ja vor allem für Familien sein.
Aber hallo! Die Ausstellung ist nicht nur erlebnisorientiert, es gibt auch zwei Spezialräume, die zum Mitmachen anregen. Wir nennen sie das „Saurier-Center“. Da drin kann man vieles anfassen, es gibt digitale Medien, aber beispielsweise auch das Saurier-Röntgen, bei dem man den Saurier durchleuchten kann. Es gibt ein Programm zur Ausstellung und ein Begleitbuch, in dem man Aufgaben lösen und Zeichnungen fertigstellen kann.
Haben Sie ein Lieblingsstück in der Ausstellung?
Das wäre der Spinosaurus, der einzige Dinosaurier, den wir zeigen. Er gehört zur einzigen Dinosaurier-Gruppe, die im Wasser gelebt hat und wahrscheinlich auch bis ins Meer vorgedrungen ist. Er ist der größte Raubsaurier, den wir kennen.
Interview: Kathrin Brack