Mühldorf – Unruhe herrscht derzeit unter den Milcherzeugern. Der Grund: Ein neuer Vertrag der Milcherzeugergenossenschaft (MEG) Altötting-Mühldorf mit der Molkerei Almil, durch den Bauern weniger Geld bekommen, die ihre Kühe in Anbindehaltung halten. Nach Beschimpfungen durch Mitglieder legte der Vorsitzenden der Milcherzeugergemeinschaft, Karl Schult, sein Amt nieder.
Schult hatte zusammen mit dem Vorstand der MEG die Verhandlungen mit Almil in Weiding geführt, die schließlich einen niedrigeren Milchpreis für Landwirte mit Anbindehaltung gebracht hat. 1,5 Cent bekommen sie ab 2022 pro Kilo Milch weniger, schon derzeit gibt es 0,5 Cent weniger.
Am Telefon
anonym beleidigt
Einige Milcherzeuger reagierten erbost: „Die Angriffe gegen mich und meine Frau anonym am Telefon waren weit unter der Gürtellinie“, spricht Schult auf Anfrage von Beschimpfungen und Bedrohungen. „Da war für mich der Punkt erreicht, das Amt niederzulegen.“ Er ist davon überzeugt: „Der Vertrag war das Optimum, das wir erreichen konnten.“
Sein Stellvertreter und kommissarischer Nachfolger Richard Straubinger sieht die Probleme, die der neue Vertrag für 47 Prozent der 930 Mitglieder der MEG bringt. Etwa 3000 Euro weniger bleiben dadurch im Jahr einem dieser eher kleinen Betriebe, die meist als Nebenerwerbshöfe geführt werden. Sie erzeugen 27 Prozent der Milch, die bei Almil im Werk Weiding von MEG-Landwirten angeliefert wird.
„Das Thema wird sehr emotional diskutiert“, sagt Straubinger. Manche sähen eher die Sicherheit des Vertrags für die nächsten vier Jahre ab 2022, andere den Preisabschlag. „Unser Schwerpunkt bei den Verhandlungen lag auf der Abnahme- und Planungssicherheit.“
Anbindehaltung wird seit Jahren unter dem Thema Tierwohl diskutiert. Viele Verbraucher wollen lieber Produkte kaufen, deren Milch aus Laufstallhaltung kommt. Inzwischen übt auch der Einzelhandel Druck auf die Molkereien und Landwirte aus. Deshalb hat die Molkerei Almil, ein Tochterunternehmen der Genossenschaft Hochwald, nach eigenen Angaben den niedrigeren Preis für Milch vereinbart.
Niedrigerer Preis
für viele Bauern
Milcherzeuger Georg Mitterberger gehört zu den Anbindehaltern. Er hält in Langenstegham 40 Kühe und vertritt eine klare Meinung zu den Preisvorstellungen der Molkerei: „Das ist eine Frechheit.“ Die Milch, die er liefere, habe die gleiche Qualität, er behandele seine Kühe so aufmerksam wie andere Bauern mit Laufstallhaltung auch und in der Molkerei werde die Milch mit der aus Laufställen zusammengeschüttet. Für den Kunden gebe es also keinen Unterschied.
Die Millionen-Investition in einen modernen Laufstall kann sich der 59-Jährige nicht mehr leisten. „Der braucht 25 Jahre, bis er abbezahlt ist.“ So lange wollen er und seine Frau aber nicht mehr arbeiten. Der Molkerei unterstellt er, dass es allein um Preistreiberei gehe. „Wenn das mit der Anbindehaltung durch ist, suchen die sich was Neues, wo sie einsparen können.“
Der Bauernverband sieht die Politik in der Verantwortung: „Führungskräfte in Politik und Verbänden müssen künftig eine realistische Einschätzung über den Wettbewerb und zur Situation der ganzjährigen Anbindehaltung wiedergeben“, schreibt Kreisobmann Ulrich Niederschweiberer. Er will Solidarität mit den kleinen Betrieben, die die Anbindehaltung der Kühe betreiben. „Neue Ställe werden nur noch als Laufställe für Rinder genehmigt. Den kleineren Betrieben sollten Übergangsfristen bei der Rinderhaltung eingeräumt werden“, fordert er.
Auf der anderen Seite steht die Molkerei Almil, die den neuen Vertrag verteidigt. „Wir unterstützen Milchviehhalter, die bereit sind, ihre Haltungsform bezüglich Tierwohl zu verbessern oder die in ihren Betrieben Maßnahmen schon umgesetzt haben, mit einem Zuschlag“, sagt Sprecherin Kathrin Lorenz. „Für die Umstellung gilt eine Frist.“
Firma will Verhalten der Bauern ändern
Ihr Unternehmen halte Zu- und Abschläge für ein Mittel, damit „Themen wie Tierwohl oder Nachhaltigkeit kontinuierlich entwickelt“ werden. Lorenz betont aber auch: „Seit Beginn der Corona-Pandemie haben wir unseren Auszahlungspreis stabil gehalten.“