Warum das Mehl immer teurer wird

von Redaktion

Ukraine-Krieg treibt Preise nach oben – Keine Angst vor Lebensmittelknappheit

Wasserburg – Wer in den vergangenen Wochen beim Bäcker war, wird bereits gemerkt haben: Die Semmeln werden teurer. Schuld daran ist unter anderem der Ukraine-Krieg. Das Land gilt als einer der wichtigsten Weizenerzeuger, auch für Deutschland. Einige Verbraucher fürchten deshalb eine Lebensmittelknappheit. Bäcker und Müller aus der Region stellen aber in einem Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen fest, dass die Situation gar nicht so dramatisch ist.

Genügend Weizen
auf dem Markt

„Ja, die Preise steigen“, bestätigt Florian Steffl, Obermeister der Bäcker-Innung Rosenheim. Die Gründe dafür seien zweierlei. Zum einen habe es in Kanada, ebenfalls ein großer Weizenlieferant, massive Ernteausfälle gegeben, zum anderen belaste die Situation in der Ukraine den Markt. „Es wird eine Verknappung geben“, sagt er. Von einer Lebensmittelknappheit, sprich einer Gefahr, dass das Mehl ausgehen könnte, davon könne aber nicht die Rede sein.

„Ich erwarte höchstens, dass bestimmte Mehlsorten mal eine Woche lang nicht verfügbar sind, das wird sich aber in der nächsten Woche dann ändern.“ Monika Drax, Inhaberin der Drax-Mühle in Rechtmehring, erzählt Ähnliches. Der Weizen koste im Moment fast das Doppelte, sagt sie. Beim Roggen und Dinkel sei ebenfalls eine Preissteigerung zu beobachten. Genau wie Steffl sieht auch sie den Grund nur teilweise beim Krieg. Denn die Preise seien schon vor dessen Ausbruch gestiegen. Fest stehe zudem, so dramatisch wie oft dargestellt, sei die Situation nicht. „Es wird eine Verknappung erwartet“, sagt Drax, „aber es ist noch genügend auf dem Markt.“ Problematisch seien vielmehr die vermehrten Hamsterkäufe, so Drax, mit denen habe auch sie zu tun. „Wir kommen gar nicht mehr mit der Produktion hinterher“, sagt sie. „Es ist ein Kampf ums Mehl ausgebrochen.“ Den es aber, so ihre Überzeugung, gar nicht brauche.

Hamsterkäufe stellt auch Franz Beringer von der Walchmühle in Evenhausen bei Amerang fest. Schwierig seien diese aus zwei Gründen. Einerseits stelle sich die Frage, ob das gekaufte Mehl überhaupt noch verbraucht werden könne. „Mehl hält zwar bei richtiger Lagerung knapp ein Jahr“, meint Beringer, aber meist könne diese Lagerung – trocken und kühl – nicht sichergestellt werden. Zudem würden sich auch die Hamsterkäufe auf den Markt auswirken. „Auch das treibt die Preise nach oben.“

Die Auswirkungen der Preissteigerung spüren neben dem Endverbraucher vor allem die Bäcker, wie Hermann Straßgütl, Inhaber der beiden Bäckereien Straßgütl in Wasserburg, betont. „Die Situation ist desaströs, anders kann man das gar nicht beschreiben.“ Früher habe er 30 Euro für seinen Weizen im täglichen Einkauf gezahlt, nun seien es 50 Euro. Hinzukomme, dass ihm nicht nur der gestiegene Einkaufspreis zu schaffen mache, sondern auch die Kosten für Energie, Pflanzenöl und Transport. „Bis auf das Salz ist alles teurer geworden“, fasst Straßgütl die Situation zusammen.

Er musste deshalb bereits mit den Preisen nach oben gehen, statt 70 Cent kostet die Breze bei ihm nun 75 Cent. „Aber langsam weiß ich gar nicht mehr, wie ich das an den Kunden weitergeben soll“, sagt er. Schließlich musste er erst im vergangenen Jahr eine Preiserhöhung vornehmen, denn auch schon damals sind die Weizenpreise – auch wegen Corona – gestiegen.

Ähnliches berichtet Markus Glück, Inhaber der Bäckerei Glück in Haag. Auch ihm mache „das Gesamtpaket“ aus gestiegenen Energiepreisen und Transportkosten zu schaffen. „Mit den Semmeln und Brezen sind wir schon raufgegangen. Das Brot müssen wir wohl demnächst preislich anpassen.“

Politik in der
Verantwortung

Straßgütl sieht aber auch die Politik in der Verantwortung, denn schon in der Vergangenheit hätte es Versäumnisse beim Thema Weizen gegeben. „Wenn Strom wichtiger ist als Nahrung, dann kommt so etwas zustande“, sagt er und spielt darauf an, dass statt der Weizenproduktion vor allem der Maisanbau unter anderem für Biogasanlagen gefördert wurde.

Dass die Bäcker gezwungen sind, ihre Brotpreise anzuheben, bestätigt auch der Obermeister der Bäcker-Innung, Steffl. Es seien einfach zu viele Kosten hinzugekommen. Gleichzeitig stehe aber auch fest: „Brot ist ein Produkt des täglichen Bedarfs. Die Preise werden noch in einem solchen Rahmen bleiben, dass es sich jeder leisten kann.“

Artikel 1 von 11