Wasserburg – Bei der Wasserburger Zeitung endet eine Ära: Redaktionsassistentin Juliane Wehringer geht in den Ruhestand. Kaum zu glauben, sagen alle, die sie kennen. Das sind viele, denn Juliane Wehringer sorgte dafür, dass Vereine, Verbände und Verwaltungen ihre Nachrichten in die Zeitung bekommen haben.
Wer ist der Vorsitzende von Verein X, wer Schriftführer von Verband Y, wann tagt der Gemeinderat? Juliane Wehringer weiß es. 34 Jahre lang hat sie die Meldungen für die Wasserburger Zeitung geschrieben. Und beim Verfassen der Kurzberichte so manche Nachricht entdeckt, die die Reporter interessiert hat und zum Anlass für eine Recherche genommen wurde.
Juliane Wehringer war auch selbst eine wichtige Informationsquelle für das Team sowie eine Chronistin des Lebens im Wasserburger und Haager Land. Und ein Vorbild: Denn sogar in der größten Hektik des Alltags einer Redaktion ließ sie sich nicht aus der Ruhe bringen. „Das wird schon“, diesen Satz werden ihre Kolleginnen und Kollegen vermissen. Juliane Wehringer ist auch sturmerprobt. In über drei Jahrzehnten Dienst als Redaktionsassistentin für die Wasserburger Zeitung hat sie viele technische Erneuerungen erlebt: die Umstellung von der Schreibmaschine auf den ersten Computer, damals noch ein gewaltiger Apparat, der fast den halben Schreibtisch einnahm, vom Schriftverkehr per Brief und Fax zur E-Mail, von der reinen Print- zur hybriden Zeitungs- und Online-Ausgabe. Jeden Schritt hat sie gelassen angenommen. Auch die Neustrukturierung der Redaktionen, mit der weitere Aufgaben für die Redaktionsassistentinnen einhergingen, hat sie noch ein Jahr vor dem Eintritt in den Ruhestand erfolgreich gestemmt.
Für die Leserinnen und Leser hatte Juliane Wehringer in ihrer herzlichen Art immer ein offenes Ohr – wenn es etwa galt, eine Vorankündigung in letzter Minute noch einmal zu ändern oder zu einem Wunschtermin zu veröffentlichen. Sie versuchte stets, es möglich zu machen. Die Qualitätsrichtlinien der OVB-Heimatzeitungen waren jedoch die Richtschnur ihres Handelns. Sie ließ sich nicht unter Druck setzen, scheute auch eine Auseinandersetzung nicht, wenn sie notwendig war.
Archivieren, Terminkalender führen, Meldungen schreiben, Texte ins Redaktionssystem einspielen, Zeilen und Bilder honorieren: Juliane Wehringer hielt im Hintergrund viele Fäden in der Hand und sorgte dafür, dass der Redaktionsalltag störungsfrei ablief. Sie half den Assistentinnen in den Nachbarredaktionen, wenn es zu personellen Engpässen kam, vertrat bis vor einigen Jahren auch die Kollegen in der Geschäftsstelle, wenn diese Urlaub hatten.
Nicht nur die Reporter und Mitarbeiter der Geschäftsstelle der Wasserburger Zeitung werden sie vermissen, auch viele Menschen in der Stadt, mit denen sie in den vergangenen Jahrzehnten aus beruflichen Gründen engen Kontakt gepflegt hat.
Heute, Montag, 20. März, startet sie zum letzten Mal ihren PC, beantwortet am Telefon zum letzten Mal Anfragen von Leserinnen und Lesern, schreibt zum letzten Mal Ankündigungen und Ortsraster. Wer in den vergangenen Tagen mitbekommen hat, dass sie in den Ruhestand geht, reagierte in der Regel mit großem Erstaunen: Denn Juliane Wehringer (65) wirkt viel jünger, als sie ist. Eine Zeitungsredaktion als Jungbrunnen?
Eins steht fest: Langweilig war die Arbeit nicht, sondern interessant, spannend und herausfordernd, sagt sie rückblickend. Jetzt ist die Zeit reif für mehr Entspannung, weniger Zeitdruck und morgens keinen Wecker stellen zu müssen. Davon profitiert sicherlich in erster Linie Enkel Tobias, der mit der jung gebliebenen Oma nun noch öfter etwas unternehmen kann. Und die Freundinnen, für die Juliane Wehringer endlich mehr Zeit haben wird. Heike Duczek