Traunstein – Man sei stolz, so der Traunsteiner Landrat Siegfried Walch, auf die, im Vergleich zu anderen Landkreisen, sehr geringen Kriminalitätszahlen. Und, so betont er am Mittwoch gleich zu Beginn des Pressegespräches zur Sicherheitslage im Landkreis, „das verdanken wir auch dem hohen Engagement jedes einzelnen Polizeibeamten.“
„Über Freiheit und Demokratie kann man nur philosophieren, wenn man in Sicherheit lebt, und dafür haben wir die Polizei.“ Nach den Dankesworten des Landrats in Richtung „der Mannschaft“ übergab er das Wort an den Polizeipräsidenten Manfred Hauser: „Es war ein intensives Jahr“ – damit meint Hauser allerdings nicht das besonders hohe Aufkommen an Verbrechen im Landkreis, sondern den Einsatz beim G7-Gipfel in Elmau. Hier war das Präsidium Oberbayern Süd federführend zuständig. Das habe laut Hauser viele Beamte gebunden.
Schockanruf-Welle
in Reit im Winkl
Auch Manfred Hauser hob nochmal heraus, dass der Landkreis Traunstein ein sehr sicherer Ort sei. Nichtsdestotrotz beschäftigten die Beamten einige Verbrechen ganz besonders: Laut Hauser sei ein großes Problem nach wie vor die nicht abreißenden Schockanrufe und Enkeltrick-Betrügereien. Erst im März habe es eine erneute Anrufwelle, unter anderem in Reit im Winkl, gegeben. Man habe zwar schon die Ermittlungsstrategie verfeinert und auch einige der eiskalten Betrüger am Telefon stellen können. Aber „es sei noch Luft nach oben“, so Hauser, denn: „Es war noch nie so wahrscheinlich, Opfer von Cyberkriminalität zu werden, wie jetzt.“
Ein Blick auf die Zahlen der Kriminalität im Landkreis verrät auch: 2021 war die Anzahl der Verbrechen noch niedriger als vergangenes Jahr: „Der durch Corona wohl historische Tiefststand von 2021 wird wohl nie wieder erreicht werden, aber wir liegen immer noch niedriger als 2019.“ Im Jahr 2022 wurden insgesamt 5107 Straftaten gemeldet. Im Vergleich: 2021 waren sogar nur 4771. Das, so erklärt auch Walch, läge auf der Hand.
Im Zuge der Corona-Maßnahmen seien weniger Leute unterwegs gewesen und damit weniger Straftaten, wie etwa Alkohol am Steuer oder Kneipenschlägereien, verübt worden. In vielen Regionen mehrten sich im Zuge der Corona-Maßnahmen dafür Fälle häuslicher Gewalt. Auch Hauser und seine Kollegen hatten sich schon darauf eingestellt, aber es sei auch hier nicht zu einem signifikanten Anstieg im Landkreis gekommen. Die Zahl der häuslichen Gewalt stieg dafür leicht an. Generell seien die Gewaltverbrechen – diese schließen Mord nicht mit ein – mit 173 Fällen immer noch unter dem Niveau von 2019 mit 238 Fällen.
Ein weiteres Thema, das die Polizei trotz im Landkreis stagnierender Zahlen beschäftigt, sind Sexualdelikte. Gerade im Bereich Kinderpornografie würden, so Hauser, die Beamten in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt auch viel auf Prävention setzen. 2022 waren insgesamt 129 Sexualverbrechen angezeigt worden. Gerade Kinder und Jugendliche hätten oft auf ihren Smartphones entsprechendes Bildmaterial, das dann auf dem Pausenhof geteilt würde. Auch in diesem Bereich sei aber kein deutlicher Trend nach oben zu verbuchen.
An dieser Stelle macht Landrat Siegfried Walch noch mal klar, wie wichtig ihm der Bereich Prävention sei: „Wir engagieren uns sehr im Bereich Medienkompetenz an Schulen: Es fehlt den Schülern oft an Sensibilisierung und der Richtschnur.“ Mit hohen Summen fördere man deshalb bereits seit Langem die Aufklärung bei Jugendlichen. Die Ergebnisse seien nicht immer direkt messbar. Aber dass auch der Bereich Jugendkriminalität in Traunstein im niedrigen Bereich liegt, könne man sicherlich diesem Engagement zuschreiben, so Walch.
„Würden wir mehr hinschauen können, würden wir auch noch mehr finden“, antwortet Polizeipräsident Hauser auf die Frage der Drogendelikte im Landkreis. Die Zahl der Rauschgiftfälle ist deutlich von 531 Fälle im Jahr 2019 auf 392 Delikte im Jahr 2022 gefallen. Gerade an den Grenzen würde man aber merken, so Hauser, dass immer noch viele Drogen im Umlauf seien. Vor allem Kokain sei auf dem Vormarsch: „Nicht jeder, der Haschisch konsumiert, nimmt auch unweigerlich Kokain, aber jeder, der Kokain nimmt, hat schon mal Haschisch konsumiert.“ Er spielt auf die Thematik der Einstiegsdroge Cannabis an, die im Zuge der Legalisierung wieder heiß diskutiert wird.
Auch hier sei man aber, was Prävention angeht, gut aufgestellt. Man habe, so der Landrat, sogar Aufklärungsstände bei diversen Festivals organisiert. Auch hier sei sicherlich die, im Vergleich zu anderen Landkreisen, niedrige Anzahl an Drogenvergehen, der Präventionsarbeit zugutezuschreiben. Es gäbe im Landkreis keine ausgewiesen große Drogenszene, ergänzt Hauser.
Einen ganz anderen Aspekt sprach Siegfried Walch gegen Ende des Gespräches an: die Gefahr der Reichsbürger. Das Landratsamt sei zuständig für die Ausstellung von Waffenscheinen und er habe die klare Linie der Politik da sehr begrüßt: „Wer unseren Staat ablehnt und sich Reichsbürger nennt, dem nehmen wir hier die Waffe weg.“ Die Reichsbürgerszene sei, so Hauser, trotz der Corona-Proteste der vergangenen Jahre nicht deutlich angestiegen. Die einschlägig bekannten Personen hätte es vorher schon gegeben, sie seien zu dieser Zeit nur präsenter in der Öffentlichkeit aufgetreten.
Flüchtlinge sind nicht besonders kriminell
Auf Nachfrage, wie sich die Geflüchteten-Anzahl im Landkreis auf die Polizeiarbeit auswirkt, sagten Hauser und Walch: „Bislang ist kein erhöhtes Aufkommen an Kriminalität im Zuge der Flüchtlingswelle zu verbuchen.“ Wenn überhaupt, käme es gelegentlich zu Konflikten in den Heimen: „Wenn man 200 junge Männer auf relativ engem Raum einquartiert, kommt es schon mal zu Raufereien“, gibt Walch zu bedenken.