Der Brückenheilige ruht in einer Perlenmuschel

von Redaktion

Eine der ungewöhnlichsten Darstellungen von Johannes Nepomuk auf Gemälde in Wasserburg entdeckt

Wasserburg – So kennt man den Brückenheiligen Johannes Nepomuk (um 1350 bis 1393): Im Gewand eines Chorherrn, den Finger an die Lippen gelegt und einen Kranz von fünf Sternen um den Kopf steht er an und auf den Brücken oder den zahllosen Altären, die ihm seit seiner Heiligsprechung 1729 gewidmet sind. Natürlich war dieser Patron gegen Wassernöte auch in einer Stadt am Fluss wie Wasserburg in vielfacher Form allgegenwärtig.

Die ungewöhnlichste und kaum bekannte Darstellung aber findet sich auf einem barocken Ölgemälde im Treppenhaus des Pfarrzentrums von St. Jakob. Man muss schon genau hinschauen, um im Gemenge allegorischer Elemente den Heiligen, eingebettet in eine unregelmäßige Riesenmuschel-Schale, zu identifizieren. Über der halbfigurigen Darstellung, die, wie üblich, ein Kreuz über einem Totenschädel in der einen Hand hält und die andere im Segensgestus über die untere Bildhälfte ausstreckt, schweben mehrere Putti. Zusammen mit fünf kleinen Flammen (statt der üblichen Sterne) um den Heiligenschein weisen sie auf sein Martyrium und die Verschwiegenheit des Johannes aus Pomuk hin: ein Putto legt den Finger an die Lippen und hält ein Vorhängeschloss sowie einen Rosenzweig in Händen. Schon bei den Römern galt ein Rosenzweig (sub rosa) über der Türe als Symbol, dass nichts, was im Raum gesprochen wurde, nach außen dringen sollte. Später war die Rose über dem Beichtstuhl das Zeichen für das Beichtgeheimnis. Während diese Elemente klar zu interpretieren sind und der üblichen Ikonografie entsprechen, stellt die untere Bildhälfte den Betrachter vor enorme Rätsel. Wiedergegeben ist eine Allegorie auf das Wasser, hier sicher auf die Moldau, in welcher der Kanoniker und Erzdiakon in der Nacht vom 20. auf den 21. März 1393 ertränkt worden war. Während links eine weibliche Gestalt als Wassernixe mit Muscheln, Korallen und Perlen (die in der Moldau kaum vorkommen) im Haar und einem schuppenähnlichen Gewandstück um Hüften und Oberschenkel dargestellt ist, ergießt sich rechts ein dicker Wasserstrahl aus einer Rohröffnung. Die Verbindung zwischen beiden Szenen stellt der Kopf eines Meeres-Ungeheuers dar. Nur schemenhaft ist darunter die Bergung des Leichnams des Märtyrers durch zwei Fischer wiedergegeben. Eine Brücke im Hintergrund verortet das Geschehen an die Veitsbrücke in Prag.

Gerne hätte man etwas über den Maler und die Herkunft des Gemäldes gewusst, das vermutlich von Pfarrer Ludwig aus einer unbekannten Quelle erworben wurde und an den damals noch leeren Wänden des Pfarrzentrums in Erinnerung an die Bedeutung des Heiligen für die Schiffsleute und Bewohner der Stadt aufgehängt worden war. Da keine schriftlichen Aufzeichnungen vorliegen, wird dieses Rätsel vorerst ungelöst bleiben. Aber vielleicht könnte das Gemälde beim Gottesdienst am Gedenktag des Heiligen am morgigen Donnerstag einen Platz im Altarraum von St. Jakob erhalten, damit dieses Kunstwerk nicht in Vergessenheit gerät.Ferdinand Steffan

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