Mühldorf – 1924 war wieder das erste ruhige Jahr in der Weimarer Republik, die die Jahre 1918 bis 1933 in Deutschland umfasst. Niederlage im Ersten Weltkrieg, der als „Schanddiktat“ empfundene Vertrag von Versailles, Inflation und Hitler-Putsch, um nur einige der unrühmlichen Ereignisse zu nennen – das sind die beherrschenden Themen dieser Zeit. Nun brachen bessere Zeiten an. Erst ab 1929, mit der Weltwirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit (sechs Millionen Menschen ohne Erwerb) und dem Aufstieg des Nationalsozialismus wurde es dann wieder sehr unruhig in Deutschland.
Verboten unter den
Nationalsozialisten
In dieses Jahr 1924 fällt auch die Gründung der Ortsgruppe der Naturfreunde Mühldorf. Am 17. Mai 1924 wurde sie ins Leben gerufen. Karl Rosa war der Vorsitzende, und Ludwig Koppenwallner hieß der Zweite Vorsitzende. Johann Lanzl fungierte als Kassier, Albert Feil als Schriftführer.
Mehr brauchte es damals nicht, nur ein Motto durfte nicht fehlen, es lautete „Hand in Hand durch Berg und Land“. Auch den Deutschen Alpenverein gab es damals schon, hier waren vor allem Akademiker als Mitglieder bevorzugt. Bei den Naturfreunden waren dagegen Arbeiter und Handwerker gerne gesehene Mitglieder. In den darauffolgenden Jahren wuchs und gedieh der Verein. Das Hauptziel damals war es, Touren zu unternehmen – nicht nur in die Berge, sondern auch beispielsweise nach Burghausen, Garching, Tüßling, Gars oder Neuötting. Es wurde jedoch auch in die Höhe gewandert, eine Tour führte damals zum Beispiel zur Einweihung der Wimbachgrießhütte oder auf den Wendelstein. Dorthin wurde mit dem Zug gereist, sehr umweltfreundlich.
Sorgen um den
eigenen Nachwuchs
Am 30. Januar 1933 kamen die Nationalsozialisten an die Macht, Adolf Hitler wurde Reichskanzler, die Naturfreunde verboten. In der NSDAP gab es eigene Organisationen, die sich mit der Freizeitgestaltung befassten.
Die Wiedergründung der Naturfreunde erfolgte am 15. Oktober 1946. Es hieß in der Urkunde: „13 Jahre nach der zwangsweisen Auflösung durch die Tyrannen des Dritten Reiches fanden sich wieder einige Männer im Gasthaus Dinnhuber in Mühldorf zusammen, um die Ortsgruppe Mühldorf neu erstehen zu lassen. Hinter ihnen standen noch viel mehr Interessenten und Wanderfreunde, die den Tag der Wiedergeburt unseres Vereins ersehnten.“
Als Obmann (dieser Posten entspricht wohl dem Vorsitzenden) wurde Friedrich Schröer gewählt, Karl Lurz wurde sein Stellvertreter. Der Schriftführer hieß damals Luitpold Hausner, Georg Eder kümmerte sich um die Finanzen des Vereins. Jakob Schnappinger war als Revisor tätig, heute heißt dieses Amt Kassenprüfer und wird von zwei Personen ausgeführt. Ein Höhepunkt und ein Meilenstein des Vereinslebens der Mühldorfer Naturfreunde war die Anden-Expedition, bei der das Illimani-Massiv in den bolivianischen Anden überschritten wurde. Es ist 6439 Meter hoch. Das Massiv in Bolivien, nördlich von La Paz gelegen, besteht aus vier Gipfeln, sie alle sind über 6000 Meter hoch. Initiatoren dieses Abenteuers waren Rudi Knott und Adrian Pösch. Mühldorfer Teilnehmer waren Rudi Knott und sein Bruder Sepp Knott, Pit Borutzky, Hans Bichlmeier und Manfred Zimmer. Der Verein hatte damals über 200 Mitglieder.
Von dieser Mitgliederzahl kann man heute nur träumen, wie jeder Verein haben auch die Naturfreunde Probleme mit dem Nachwuchs, und man zählt heute 60 Mitglieder. Heutzutage gehört neben der Durchführung von Touren und Wanderungen auch das Pflegen von Gipfelkreuzen dazu. Wer sich näher dafür interessiert, kann dies auf der Homepage des Vereins unter www.naturfreunde-muehldorf.de einsehen.
Feier mit dem
Bürgermeister
Auch eine Bergmesse wird alljährlich veranstaltet, üblicherweise am Hirschkaser. Der zählt 1391 Meter und liegt oberhalb des Bergsteigerdorfes Ramsau im Berchtesgadener Land. Pfarrer Alfred Hable zelebriert diese, der Edinger Viergesang begleitet sie musikalisch.
Das Gründungsfest zum 100-Jährigen wird selbstverständlich gebührend gefeiert. Am heutigen Freitag findet ab 18.30 Uhr die Sommersonnenwende statt. Der 21. Juni ist der längste Tag des Jahres. Es wird an der Mühldorfer Innlände ein großes Sonnwendfeuer entzündet, es gibt Essen und Getränke. Bürgermeister Michael Hetzl wird der Schirmherr dieser Veranstaltung sein, zu der die Bevölkerung herzlich eingeladen ist.