Haag/Pfaffing/Obertaufkirchen – In Bayern gilt Bier als Grundnahrungsmittel. Ein Radler zum Mittagessen, eine kühle Halbe zum Feierabend oder auch ein Gläschen Rotwein – dagegen spricht eigentlich nichts, oder? Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) tut es das wohl doch.
In einem neuen Positionspapier des Instituts wird festgehalten, dass es „keinen gesundheitsfördernden oder für die Gesundheit risikofreien Alkoholkonsum“ gebe, anders also als bisher angenommen. Selbst geringe Mengen würden die Gefahr für verschiedenste Krankheiten erhöhen, so die DGE.
Heißt: Das abendliche Glas Bier oder Wein ist nicht so unbedenklich, wie bisher angenommen.
Brauereien stellen
Umschwung fest
Das scheint wohl vor allem den jüngeren Generationen bewusst zu sein. Seit Jahrzehnten sinkt der Alkoholkonsum, wie Umfragen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) belegen. Der regelmäßige Genuss gehe bei jungen Menschen in Deutschland seit den 70er-Jahren insgesamt kontinuierlich zurück, besonders deutlich bei den 18- bis 25-Jährigen, so die Bundeszentrale. Wie reagieren die Brauereien auf diese Veränderung und macht sich der Rückgang des Alkoholkonsums auch bei uns in der Region bemerkbar? Annemarie Kammhuber-Hartinger, Inhaberin der Brauerei Stierberg und langjährige Lieferantin fürs Haager Herbstfest, bestätigt den Trend. Vor allem seit der Corona-Krise gebe es „einen Umschwung“, stellt sie fest. „Während der Pandemie haben keine Feiern und Feste stattgefunden und danach gab es einige Veranstaltungen, die weggefallen sind“, sagt die Braumeisterin. Daraus folgend gebe es für das Unternehmen weniger Abnehmer.
Auch mittags werde nicht mehr so viel Alkohol konsumiert, stellt sie feste. „Man kann also schon sagen, dass die Leute weniger Bier trinken“, ist der Eindruck der langjährigen Fachfrau. Großen Absatz finde bei der Brauerei Stierberg die sogenannte „Halbstarke“ mit nur 2,8 Prozent Alkohol. „Das wird gut angenommen“, bestätigt sie. Grundsätzlich sei der „Getränke-Markt“ stark umworben, „es gibt eben sehr viel Auswahl, nicht nur Bier“, so Kammhuber-Hartinger.
Alois Unertl junior von der gleichnamigen Brauerei in Haag bemerkt ebenfalls „eine Verschiebung“ beim Alkoholkonsum. Produkte wie die „Leichte Weiße“ oder alkoholfreies Weißbier vom Fass seien über die Jahre deutlich beliebter geworden, stellt der 47-Jährige fest. Starkbiere, wie der „Weißbierbock“ hingegen würden mittlerweile weniger Anklang finden. „Früher ist uns das dauernd ausgegangen, das ist vorbei. Jetzt sind alkoholreduzierte oder -freie Alternativen beliebter“. Auch ein „saures Radler“ oder ein „saurer Russ“ würden öfter bestellt werden, weiß Unertl von einigen Wirten. „Die Leute leben gesundheitsbewusster und verzichten auf eine ‚normale Radler‘ mit Limo, stattdessen nehmen sie lieber einen Mix aus Bier und Wasser“, berichtet er.
Auch Georg Lettl, Vorsitzender der Genossenschaftsbrauerei Gut Forsting in Pfaffing, bestätigt, „dass früher viel mehr getrunken wurde“. Er bemerke, dass vor allem jüngere Leute weniger Alkohol konsumieren und diejenigen, die noch Auto fahren müssten, überhaupt nichts trinken würden. „Das ist, finde ich, eine sehr positive Entwicklung“, betont er. Der Umsatz des Unternehmens habe sich laut Lettl trotzdem in den vergangenen 15 Jahren verdreifacht. „Wir müssen uns also keine Sorgen machen“, verdeutlicht er.
Die Brauerei habe verschiedene Verträge mit Getränkemärkten, deswegen sei sie „nicht direkt“ von den Verbrauchern abhängig. Dennoch orientiere sich die Brauerei an dem Trend nach alkoholreduzierten oder -freien Alternativen. „Bei den Leuten ist ein Umdenken da, da hat sich definitiv etwas getan“, stellt Lettl fest. Das Unternehmen entwickle gerade ein alkoholfreies Helles. „Es soll nächstes Jahr auf den Markt kommen“, sagt er.
Alkoholfreie
Weinschorle
Seit gut vier Jahren auf dem Markt ist auch die „Winzz-Weinschorle“ von Manuel Scheyerl und Stefan Staudinger von SAS-Veranstaltungen aus Albaching. Seit zwei Jahren gibt es eine alkoholfreie Variante. „Die Nachfrage danach ist gut, aber es ist noch zu früh, um Bilanz ziehen zu können“, sagt Scheyerl. Bei den Veranstaltungen, die die beiden mitorganisieren – unter anderem das Wasserburger Frühlingsfest, Haager Herbstfest und Mühldorfer Volksfest – sei Scheyerl ebenfalls aufgefallen, dass der Bierkonsum grundsätzlich zurückgegangen sei, vor allem unter der Woche. „Aber samstagabends beispielsweise ist es eigentlich gleich geblieben“, meint er. Auch er stelle fest, dass mehr Nachfrage herrsche nach Alternativen. „Alkoholfreie Weinschorlen, Hugo oder Helles sind sehr gefragt“, so der Veranstalter.