Haag – Vor 50 Jahren erschütterte die Haager ein Drama: Wie eine Katastrophennachricht schlug die Meldung vom Absturz des Pfarrers Georg Götz auf dem Matterhorn ein. Der beliebte Geistliche wurde nur 38 Jahre alt. Seine letzten Stunden notierte ein Augenzeugenbericht.
Nicht einmal drei Jahre war Pfarrer Götz in Haag und doch war er bei Jung und Alt beliebt. Es war seine Offenheit, mit der er den Haagern sogar auf der Straße und in Gaststätten begegnete. Hoch in Ehren hielt man Georg Götz bei der Arbeiterwohlfahrt, wo heute noch ein Bild von ihm hängt. Mit seiner Haushälterin Resi war er hier oft zu Gast, hatte meistens auch seine Gitarre dabei.
Ungezwungener
Kontakt zur Jugend
Ungezwungen gestaltete er auch Kontakte zu der Jugend. Anstoß nahmen lediglich manch „alte Haager“ an seiner legeren Kleidung. So fiel der 35-Jährige gleich an seinem ersten Tag im Markt auf, als er beim Abladen seiner Möbel vor dem Pfarrhof selber Hand anlegte und ihn ein neugieriger Zuschauer fragte: „Du, wo is denn der neue Pfarrer?“ Er drauf: „Des bin i.“ Den Bergen galt seine besondere Liebe. So zog es den in Rosenheim geborenen Pfarrer an freien Tagen ins Gebirge, wohin er oft die Ministranten mitnahm. Auch sein letzter Weg sollte in die Berge führen. Sieben Priester und ein Lehrer trafen sich im August 1974 in Zermatt zur Urlaubstour. Von der Kirche in Zermatt aus ging es zur ersten Besteigung mit Rucksack, Helm und Pickel zum Schwarzsee, wo sie eine Pause einlegten. Am frühen Nachmittag gelangten sie zur Hörndlhütte. Man betrachtete den Einstieg. Einer stieg aus mit dem Hinweis: „Der Berg ist eine Nummer zu groß für mich.“
Pfarrer Götz galt als der erfahrenste Bergsteiger, er fand die Verhältnisse optimal, zum Abendessen erfolgte eine Besprechung. Um drei Uhr morgens machten sich drei Teilnehmer, der Pädagoge Gerhard Fischer und die Pfarrer Georg Götz und Hans Medele an den Aufstieg. In Seilschaften ging es mit Stirnlampen bergauf. Götz monierte die Langsamkeit: „Wenn wir so weitermachen, brauchen wir zwei Tage.“ Sie sichern also weniger – da rutscht Medele ab und gleitet auf allen Vieren der Ostwand entgegen, wo er glücklicherweise zum Halten kommt. Er verlor seinen Helm. 20 Minuten unterhalb der Solvayhütte an der steilen Moslemplatte gibt Fischer auf. Es wird ihm zu „ungeheuerlich“. Er mahnt auch seine Begleiter zur Umkehr. Doch die beiden treibt es nach einem Schluck Apfelsaft weiter.
Um 13 Uhr hallt ein Juchzerer in die Tiefe. Die beiden sitzen auf dem Gipfel, wo sie eine weitere Zweierseilschaft treffen. In einem lustigen Gespräch erzählen die beiden Pfarrer, sie hätten sich durch Weglassen des Bergführers 300 Mark gespart. Götz meinte noch: „Papst Pius XI. war auch schon heroben.“ Dann stiegen die beiden ab, und bald darauf schreit einer der Beobachter: „Da stimmt doch was nicht!“
Vom Weg
abgewichen
Götz und Medele wichen vom Schulterweg ab und kletterten in die Ostwand. Man vermutete, um den blanken Fels und das Eis zu umgehen. Und da passierte es. Einer ging in die Hocke, der andere überquerte das Schneefeld, kommt ins Rutschen.
Der Augenzeuge notierte: „Beide fliegen ohne jegliche Reaktion wie Puppen durch die Luft und stürzen circa 150 Meter ab.“ Jede Rettung kam zu spät.