Abzockgefahr bei Teppichreinigungen

von Redaktion

Böse Überraschung: Immer wieder kommt es vor, dass Menschen, die ihren Teppich reinigen lassen, eine absurd hohe Summe bezahlen müssen. Nicht selten steckt ein zwielichtiges Geschäftsmodell dahinter. Wie die Fälle genau ablaufen und warum bei der Polizei kaum Anzeigen landen.

Rosenheim – Irgendwann wurden die Zweifel zu groß. Nachdem eine Frau aus dem Landkreis Rosenheim, die lieber anonym bleiben möchte, bei einer Wohnungsauflösung einen Orientteppich erhalten hat, machte sie sich auf der Suche nach einer Reinigung. Was dann passierte, lässt sie allerdings noch heute den Kopf schütteln. Über einen Flyer in der Zeitung wurde die 56-Jährige auf eine Reinigungsfirma für Teppiche aus der Region aufmerksam – auch, weil das Unternehmen im Vergleich zu anderen mit günstigen Angeboten lockte. „Die haben einen wahnsinnig guten Preis angeboten“, sagt die Frau.

Absurd hoher Preis für
„besonderes Stück“

Nach einem ersten Telefonat mit der Reinigung wurde die 56-Jährige allerdings skeptisch. „Sie wollten unbedingt bei mir vorbeikommen und sich den Teppich vor Ort anschauen“, erzählt sie. Da sie das aber nicht wollte, erklärte sich die Firma nach einigen Diskussionen bereit, dass die Frau den 2,4 Quadratmeter großen Teppich vorbeibringen kann. Dort angekommen, gab es erst einmal eine freudige Nachricht. „Das Stück wurde auf einen Wert in Höhe von 5000 Euro geschätzt“, sagt die Frau. Das große „Aber“: Der Teppich müsse erst gereinigt und repariert werden – für 3000 Euro.

Das sei wesentlich mehr gewesen, als in der Werbung versprochen wurde, kritisiert die 56-Jährige. Das Unternehmen hätte der Frau zwar auch angeboten, sich danach um den Verkauf kümmern zu wollen, allerdings nur, wenn sie zuerst die 3000 Euro bezahlt. Das sei der Frau letztendlich zu unsicher gewesen, weswegen sie sich an eine andere Teppichreinigung in Rosenheim wandte. Und dort gab es eine weitere Überraschung: „Es kam raus, dass der Teppich weniger als 1000 Euro wert ist und für die Reinigung wurden dort gerade mal 250 Euro fällig“, sagt die Frau.

Täuschung über
den wahren Wert

Solche Fälle kennt Mohammad Yousefi zur Genüge. Der Rosenheimer führt seit vielen Jahren in der Florianstraße eine Teppichreinigung mit Familientradition. „Von meinen Kunden höre ich oft, dass sie solche Angebote sehen und manchmal auch darauf hereinfallen“, sagt er. Denn für ihn sei das Betrug. Erst kürzlich habe er einen Anruf einer älteren Dame bekommen, die ihm einen Teppich verkaufen wollte, für dessen Reinigung sie 15000 Euro bezahlt hat. „Die haben den Teppich bei ihr zu Hause abgeholt und wollten gleich schon mal die Hälfte des Geldes“, sagt der Teppichladen-Inhaber. Als die Männer den Teppich Yousefi zufolge nur oberflächlich und schnell gereinigt zurückbrachten, nahmen sie die anderen 7500 Euro mit – ohne Rechnung.

Warum sich Menschen immer wieder auf diese Geschäfte einlassen, glaubt Mohammad Yousefi auch zu wissen. „Den Leuten wird gesagt, dass der Teppich antik ist und im Verkauf zwischen 20000 und 30000 Euro bringt“, sagt er. Einige Kunden erhofften sich dann den großen Gewinn und seien bereit, für die Reinigung und Reparatur viel Geld zu bezahlen. Jedoch seien – ähnlich wie im Fall der Frau aus dem Landkreis Rosenheim – die Teppiche in Wahrheit manchmal keine 100 Euro wert.

Daher könne er nur appellieren, dass die Menschen bei Anzeigen und Werbungen von Teppichreinigungen genau aufpassen. Vor allem beim Preis. „Für acht Euro gibt es keine seriöse Teppichwäsche“, sagt Yousefi. Genauso wenig wie für zehn oder 15 Euro. Auf der anderen Seite kostet dem Teppichexperten eine anständige Reinigung auch nicht mehr als 400 Euro.

Bei Werbung
genau aufpassen

Zudem solle man bei den Werbungen auf Telefonnummern oder die Adressen achten und im Zweifel im Internet überprüfen, ob diese wirklich stimmen. Bei einem Flyer für eine andere Teppichreinigung habe das Yousefi selbst mal ausprobiert. „Ich bin dann zur genannten Adresse gefahren. Die angegebene Hausnummer hat mich zu einem Stall geführt“, erzählt er.

Dass bei Teppichreinigungen auch krumme Geschäfte zur Tagesordnung gehören, ärgert Mohammad Yousefi. So gebe es dem Beruf gegenüber immer wieder Vorurteile. „Ich arbeite manchmal 18 Stunden am Tag, da stört es mich, wenn jemand kommt und den Ruf kaputtmacht“, sagt er.

Auch der Polizei ist das Problem bekannt. Allerdings habe es seit einigen Jahren keinen Fall in Zusammenhang mit Teppichreinigungen in Rosenheim gegeben, bei dem die Polizei eingeschalten wurde, sagt Hauptkommissar Robert Maurer. Auch der Vorfall im Dezember in Rimsting, bei dem ein älterer Herr von vermeintlichen Teppichhändlern betrogen wurde, sei kein „klassischer Teppich-Betrüger-Fall“ gewesen, berichtet Stefan Sonntag, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. Er könne dazu aufgrund der Ermittlungen keine genauen Details nennen, allerdings habe die Straftat auf einen anderen Bereich abgezielt.

Nur selten ist die
Polizei eingebunden

Die Fälle, in denen bei Teppichreinigung mehr Geld als notwendig abkassiert wird, landen Sonntag zufolge selten bei der Polizei. Zu einem werde selten Anzeige erstattet und zum anderen bewegten sich diese Geschäftsmodelle oft in einem rechtlichen Graubereich, erklärt der Polizist. „Hohe Preise alleine führen nicht dazu, dass eine strafbare Handlung vorliegt“, betont er. Strafbar sei es meist nur dann, wenn die Leistung nicht mehr in Relation zum bezahlten Geld steht. „Da kann der Straftatbestand ‚Wucher‘ erfüllt sein, muss aber in jedem Fall von der Staatsanwaltschaft einzeln bewertet werden“, sagt Sonntag. Manchmal finde sich dabei aber auch nichts Verbotenes.

Daher rät der Polizist dazu, im Vorfeld genau zu überlegen, mit welchen Firmen man eine Geschäftsbeziehung eingehen möchte. Allerdings – auch das betont er – gebe es „nur einige wenige schwarze Schafe“, die versuchen, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen. Im Zweifel könne aber immer eine Anzeige bei der Polizei erstattet werden, wenn einem bei zu hohen Preisen etwas seltsam vorkommt. „Wir prüfen das dann“, verspricht der Polizist.

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