Wasserburg – Einen renommierten Gast hat das kbo-Inn-Salzach-Klinikum in Wasserburg für einen Vortrag anlässlich des Kriegsendes vor 80 Jahren gewinnen können: den Düsseldorfer Wissenschaftler Professor Frank Schneider. Der mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnete Mediziner hat sich so intensiv wie kaum ein anderer mit der während der NS-Zeit betriebenen Psychiatrie beschäftigt. Im Festsaal der Klinik vor gut 100 Gästen sprach der ehemalige Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie (DGPPN) über die sogenannte „Euthanasie“ im Dritten Reich: „Schreckliche Taten, Krankenmorde, die durch nichts gedeckt waren.“ Der Ärztliche Direktor und Chefarzt am Klinikum in Gabersee, Peter Zwanzger, wies in der Präsentation des Wissenschaftlers darauf hin, dass sich Professor Schneider erstmals im Jahr 2010 stellvertretend für die DGPPN zur historischen Verantwortung des Berufsstandes der Psychiater bekannt habe. In Gabersee und Attl wurden 742 Patientinnen und Patienten der damaligen Heil- und Pflegeanstalten Opfer der NS-„Euthanasie“. In einer Podiumsdiskussion äußerte sich Peter Rink, ehemals Leiter des Luitpold-Gymnasiums, zur Frage der Bereitschaft von jungen Leuten, sich für das Thema zu interessieren. Man könne die Gedenkarbeit immer verbessern, sagte er, sie sei aber auf einem guten Weg. Einschränkend fügte er hinzu: „In einer Klasse mit 30 Schülern werden Sie nicht bei allen in gleicher Weise Betroffenheit erzeugen können.“ Im Bemühen dafür erinnerte Rink an die Auftritte des 2016 verstorbenen Holocaust-Überlebenden Max Mannheimer in Wasserburg. „Die Gespräche mit ihm waren sehr aufschlussreich, sehr berührend.“ In der Runde berichtete CSU-Stadtrat Wolfgang Schmid, der als Ruheständler das Psychiatrie-Museum auf dem Klinikgelände betreut, von seinem Vater. Dieser habe, obwohl in Gabersee als Hilfspfleger beschäftigt, zu Hause nie etwas von seiner Tätigkeit erzählt. „Das hat mich erschüttert.“ Einen großen Fortschritt bei der Erinnerungsarbeit sieht Schmid in der Tatsache, dass man in der Zwischenzeit die Opfer beim Namen nenne, ihnen so Würde zurückgebe. Im Gespräch mit der Redaktion beklagte Schneider am Rande der Veranstaltung, dass es immer noch viele Menschen gebe, die man mit Informationen nicht erreiche, die nicht wissen, was passiert ist. Dies sei auch eine Gefahr für die Gesellschaft, betonte er. Winfried Weithofer