Ungewöhnliche Liebesgeschichte

von Redaktion

Rebecca aus Mühldorf heiratet einen US-Sträfling: „Sah den Menschen“

Mühldorf – „Es verstecken sich nicht alle tollen Männer im Gefängnis“, sagt Rebecca Brock, die aus dem Landkreis Mühldorf stammt. Sie hat ihren Kory kennengelernt, als er in den USA eine zwölfjährige Haftstrafe absitzen musste. Es begann mit einer Brieffreundschaft; die beiden haben im Gefängnis geheiratet.

Das ist bereits zweieinhalb Jahre her. Nun wurde die große Hochzeit in Weiß am Millstätter See nachgefeiert. Nicht nur Rebeccas Familie aus Mühldorf und aus Kärnten war dabei, sondern auch Korys Angehörige sind aus Michigan (USA) angereist.

Beziehungen zu Häftlingen schwierig

Als Influencerin lässt die 26-jährige Rebecca aus dem Landkreis Mühldorf ihre inzwischen 185000 Follower auf Instagram, 109000 auf TikTok sowie mehrere Tausend auf Youtube an ihrer außergewöhnlichen Liebesgeschichte teilhaben. Fernsehformate berichteten über die „Theologiestudentin, die einen Sträfling liebt“, filmten den Tag, als Kory aus der Haft entlassen wurde.

Auch wenn die beiden heute überglücklich sind und das acht Monate alte Töchterchen Liana Rae ihre kleine Familie vollständig macht, sagt Rebecca: „So einen Weg lege ich keinem ans Herz. Ich hatte mit Kory richtig Glück. Doch Beziehungen zu Männern im Gefängnis, die durch eine Brieffreundschaft beginnen, scheitern sehr viel öfter, als sie gut gehen.“

Nicht nur der Gegenwind und die Ablehnung, die so eine Love-Story in der eigenen Familie und im Umfeld erzeugt, seien schwierig – von behördlichen Hürden will sie gar nicht erst anfangen.

„Man muss so vorsichtig sein. Viele Männer im Gefängnis sind in Wahrheit ganz anders, als sie sich geben. Vielen geht es nur ums Geld, wenn sie so eine Beziehung anfangen. Und viele verlassen die Mädels, wenn sie dann aus der Haft freikommen“, weiß Rebecca und warnt damit andere junge Frauen vor unnötigem Herzschmerz.

Rebecca wird in Kärnten geboren und zieht im Kleinkindalter mit der Familie in den Landkreis Mühldorf. Hier wächst sie behütet auf und gehört einer Freikirche an. Als Jugendliche absolviert sie Praktika in der Pflege und beginnt im InnKlinikum eine Ausbildung zur Krankenschwester. Als Rebecca gerade 16 ist, wird sie vergewaltigt und verliert jeden Halt. Ihre Ausbildung bricht sie ab, muss in Kliniken behandelt werden, wird auf Medikamente eingestellt, um das Trauma zu ertragen.

„Für alle war ich nur noch ein Opfer, zerbrechlich und klein“, berichtet die heute 26-Jährige. Sie bricht aus diesem Leben aus und rutscht in die Münchner Drogenszene ab. Später erzählt sie von Selbstverletzung und ihrem ausgemergelten Körper. „Ich war am Ende, dachte darüber nach, es zu beenden, weil ich keinen Ausweg mehr sah.“ „Und dann kam Gott. Er hat mir gesagt, dass ich wichtig und wertvoll bin, dass ich geliebt werde. Das hat ganz viel mit mir gemacht“, beschreibt die junge Frau. Sie findet Trost in der Bibel, setzt sich kritisch mit ihrem Glauben auseinander. „Ich dachte früher, man muss ein würdiges Leben leben, um gut genug für Gott zu sein“, so Rebecca.

Erst als sie ganz am Boden ist, versteht sie, „Gott ist ganz anders, als die Kirche und die Menschen einem das immer weismachen wollen.“ Sie schafft den Entzug und beginnt ein Theologiestudium an einer freien theologischen Hochschule.

Auf der Suche nach einer Brieffreundschaft mit einem Häftling stößt Rebecca auf Korys Profil. Dass dieser Mann, der wegen bewaffneten Raubüberfalls bereits neun Jahre einsaß, einmal ihr Ehemann werden würde, das hätte sie sich nicht träumen lassen. Der heute 33-Jährige war 18 Jahre alt, als er einer anderen Person Marihuana raubte. Zwölf Jahre Haft lautete das harte Urteil, Jugendstrafrecht gibt es in den USA nicht. Zunächst saß Kory in einem Hochsicherheitsgefängnis, „wo er schlimme Vorfälle miterlebte.“ Die ersten sechs Jahre im Gefängnis war er wütend, zeitgleich innerlich leer. Er habe weiter Drogen konsumiert.

In einem Moment, den er als absoluten Tiefpunkt beschreibt, habe ihn ein Mithäftling beim Hofgang gefragt: „Darf ich dir von Jesus erzählen?“ Kory führt aus, wie durch die Auseinandersetzung mit dem Glauben nach und nach all die negativen Gefühle und der Antrieb, sich zuzudröhnen, verblasst seien. Frieden kehrte in ihm ein. Das dauerte einige Jahre.

Doch, dass er zu Gott gefunden hatte, war ein Grund, warum Rebecca auf ihn aufmerksam wurde und mit ihm eine Brieffreundschaft anfing.

Rebecca zieht
in die USA

„Ich hab jemanden ausgewählt, der weit weg war und dann nicht irgendwann plötzlich vor meiner Tür stehen würde“, sagt sie heute schmunzelnd. Dann ist es Rebecca, die für diesen Mann in die USA zieht.

Von Anfang an sei er ehrlich gewesen, habe ihr alles erzählt. „Ich sah den Menschen hinter der Tat“, sagt Rebecca. Die beiden tauschen sich aus über ihre Vergangenheit und über Gott.

Zunächst besucht sie ihn immer wieder im Gefängnis und telefoniert mit ihm, so oft es ihm erlaubt ist. Das erste Treffen ist im April 2022. „Das war so heftig, ich hab so geheult, als ich so richtig realisiert habe, dass er eingesperrt ist. Wir hatten zwei Stunden, keine Privatsphäre. Und doch war es von der ersten Sekunde an unkompliziert, vertraut“, schwärmt sie. Kory: „Ich war überglücklich, dass sie kam, ich hab keine Worte, um das zu beschreiben“, sagt er halb auf Deutsch und halb auf Englisch. Schon vor diesem ersten Besuch hätten beide gewusst, dass sie heiraten werden. Immer wieder verbringt Rebecca Monate in Michigan, um Kory nah zu sein.

Erster Kuss
nach 20 Treffen

Nach 20 Treffen ohne Privatsphäre geben sie sich hinter den Gefängnismauern das Ja-Wort und küssen sich zum ersten Mal.

Noch über ein Jahr sollte es dauern, dass sie sich in Freiheit umarmen können. Rebecca zieht nach Michigan und lebt mit ihm im Haus seiner Großeltern. Ihr turbulentes und aufregendes Leben teilen sie auf Social Media mit einer breiten Öffentlichkeit. Dabei sind sie schonungslos ehrlich, was ihnen Zuspruch, aber auch viele Hass-Kommentare einbringt. „Das stecke ich mal besser und mal schlechter weg“, so Rebecca.

Weil ihnen ein wohlwollendes Umfeld fehlt, in dem sie beide wachsen können, beschließen sie, die USA zu verlassen.

Derzeit pendeln sie zwischen Kärnten und Mühldorf und wollen bis zum Herbst im Landkreis sesshaft sein. Rebecca denkt über eine Arbeit als Seelsorgerin im Gefängnis nach und der handwerklich begabte Kory sucht eine Anstellung als Elektriker.

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