Jetzt wird’s bunt am Stadtplatz

von Redaktion

Regenbogenfahnen wehen in Mühldorf – Erster Christopher Street Day

Mühldorf – Der Stadt Mühldorf steht ein besonderes Ereignis ins Haus: der erste Christopher Street Day (CSD)! Er soll am Sonntag, 28. September, von 14 bis 19 Uhr stattfinden. Mit einem Demozug durch die Altstadt, Kundgebungen und Live-Musik am Stadtplatz.

Ein Tag zum Feiern
und Gedenken

Der Christopher Street Day (CSD) erinnert an den ersten Aufstand von Homosexuellen und anderen queeren Minderheiten – „queer“ ist eine Sammelbezeichnung für sexuelle Orientierungen, die nicht heterosexuell sind – gegen Polizeiwillkür in der New Yorker Christopher Street im Jahr 1969. Seither wird beim CSD für die Rechte dieser Gruppen sowie gegen Diskriminierung und Ausgrenzung demonstriert.

„Wir wollen zusammen laut sein für queere Sichtbarkeit, Menschenrechte und ein Mühldorf, in dem sich alle sicher und willkommen fühlen“, kündigen die Veranstalter vom Verein „Mühldorf ist bunt“ auf Instagram an. „Was in großen Städten längst selbstverständlich ist, wird nun auch in unserem wunderbaren Landkreis Realität.“

Erst im Frühjahr wurde die Idee zum ersten Mühldorfer CSD auf einem der monatlichen Queer-Treffen geboren. „Bisher hat unser Vorhaben viele schöne Reaktionen hervorgerufen“, kann Daniel „Dex“ Mareyen zufrieden feststellen. „Oft hieß es, was hier jetzt auch und hey cool!“ Bei dem 25-Jährigen von „Mühldorf ist bunt“ laufen die Organisationsfäden zusammen.

In wenigen Monaten
alles organisiert

„Wir haben uns mit anderen Gruppierungen besprochen und uns bei anderen CSDs wie Rosenheim oder Ebersberg wichtigen Input geholt“, berichtet er von den Vorarbeiten. „Es war wirklich super kurzfristig, das Ganze innerhalb von wenigen Monaten auf die Beine zu stellen. Aber jetzt sind wir fast durch.“

Mit dem Termin 28. September sei Mühldorf fast etwas spät dran, aber so einfach sei es nicht, einen gemeinsamen Termin zu finden. Es sollen ja möglichst viele Zeit haben. Dass ein Sonntag draus geworden ist, kommt auch Daniel zugute, denn: „Ich arbeite im Einzelhandel, da muss ich auch samstags arbeiten und so geht es wahrscheinlich vielen anderen auch.“

Um 14 Uhr wird’s auf dem südlichen Teil des Stadtplatzes losgehen, mit einigen Begrüßungsworten und organisatorischen Hinweisen. „Moderiert wird unser CSD von zwei Dragqueens aus München und wir haben einen Überraschungsgast für ältere Semester“, freut sich der Organisator. „So um 15 Uhr wird sich unser Marsch in Bewegung setzen. Über den Stadtplatz, dann runter den Stadtwall entlang und wieder zurück zum Stadtplatz“, sagt Mareyen zum Ablauf. Bunt geschmückte Wagen wie etwa beim CSD in Berlin werden nicht dabei sein. Fetischkleidung darf gerne sein, Nacktheit und pornografisches Gehabe müssen draußen bleiben. Ab circa 16 Uhr geht’s am Stadtplatz weiter mit Musik der Bands „Frida“ und „The Black Glasses“ aus Gars sowie Infoständen der teilnehmenden Organisationen, unter anderem auch das Jugendparlament Mühldorf, der Queer-Treff und die Arbeitsgruppe Queer des Bistums Passau.

1000 Teilnehmer
angemeldet

Der CSD in Mühldorf ist als politische Versammlung bei Landratsamt, Stadt und Polizei angemeldet. Vorsorglich haben sich die Organisatoren 1000 Teilnehmer genehmigen lassen. „In Ebersberg waren letztes Mal 400 Leute“, weiß Daniel. „Wir gehen davon aus, dass es bei uns deutlich mehr werden können. Denn es ist der erste CSD in Mühldorf und auch der letzte des Jahres in Bayern.“ Wie bei Veranstaltungen auf dem Stadtplatz mittlerweile üblich, werden die Zufahrten mit Pollern gesperrt. Begleitet wird der CSD von der Polizei, die auch für die Sicherheit der Teilnehmer sorgen wird.

„Rollback queerer
Rechte“

„CSDs sind leider häufig Ziele rechter Angriffe und grundsätzlich bedroht“, bedauert Daniel Mareyen. „Derzeit erleben wir einen enormen Rollback queerer Rechte. Gerade in ländlichen Regionen ist das Verständnis für queeres Leben stark zurückgegangen.“ Mit ihrem Christopher Street Day in Mühldorf wollen die Organisatoren für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und allgemein von queeren Personen demonstrieren sowie gegen Diskriminierung und Ausgrenzung. „Wir wollen auch nur ganz normal leben wie jeder andere, zeigen ,Wir sind da‘“, sagt Daniel. Mit anderen Menschen ins Gespräch kommen sei ihm wichtig: „Wer auch immer Respekt vor queerer Teilhabe hat, ist herzlich willkommen.“ Es gehe darum, Flagge für sich selbst zu zeigen, queeres Leben auch in Mühldorf und Umgebung zu feiern. Apropos Flagge zeigen. Die Regenbogenflagge wird am 28. September sicher oft zu sehen sein. Sie ist das bekannteste Symbol für die „LGBTQI* Community“ und steht für Stolz, Vielfalt, Toleranz und Gleichberechtigung. Anlässlich des Berliner CSD 2022 wurde sie erstmals auf dem Reichstagsgebäude gehisst. 

Kreisstadt hat
keine Flagge

Wird auch die Stadt Mühldorf zum CSD in Regenbogenfarben beflaggt sein? Daniel Mareyens glaubt die Antwort schon zu wissen: „Es würde mich überraschen, aber es wäre ein schönes Zeichen und eine Freude!“ Für ihn ist die Flagge mit den Farben des Regenbogens ein politisches Zeichen für die Demokratie selbst und für Gleichberechtigung. „Am Rathaus werden wir keine Regenbogenflagge hissen, weil die Kreisstadt Mühldorf keine solche besitzt“, beantwortet Stadtsprecher Werner Kurzlechner die Frage der OVB-Heimatzeitungen. „Eine Anschaffung ist nicht geplant.“

Bürgermeister: Buntes
Fest der Toleranz

Trotzdem blickt die Stadt dem CSD wohlwollend entgegen. „Schon in den vergangenen Jahren war immer wieder davon die Rede, dass auch in Mühldorf ein CSD stattfinden soll“, äußert sich Bürgermeister Michael Hetzl. „Schön, dass die Pläne heuer offensichtlich Wirklichkeit werden. Wenn viele Menschen miteinander ein buntes Fest der Offenheit und Toleranz feiern, ist das auch eine Bereicherung für die ganze Kreisstadt Mühldorf. In diesem Sinne wünsche ich den Veranstaltern und den Teilnehmenden viel Erfolg und eine tolle Premiere.“

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