Pfaffing – „Es ist unvorstellbar. Ein Musikalienhandel verlangt von einem israelischen Orchester eine Bewertung der Lage im Gazastreifen, um diesem einen Verstärker zu vermieten“, so der Antisemitismus-Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Dr. Ludwig Spaenle, in einer Presseerklärung am vergangenen Mittwoch.
„Geistige
Sippenhaft“?
Das gleiche für ihn einer öffentlichen Gewissensprüfung und zeige, dass das Musikgeschäft die Ziele der antisemitischen Bewegung Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) vertrete. Diese nehme Wissenschaftler, Künstler und gesellschaftliche Gruppen in geistige Sippenhaft mit der israelischen Staatsregierung. „Das ist eine Form von Antisemitismus“, findet Spaenle. Von dem israelischen Orchester Kfar Veradim Conservatory sei etwa auf dessen Anfrage nach einem Bassgitarrenverstärker verlangt worden: „How do you view the current situation in the Gaza region?“ In der Vorbemerkung habe der Mitarbeiter des Handelsunternehmens betont: „Anyone who defends the insanity in Gaza today cannot be our customer, just as we do not work with German Nazis or right-wing populists.“
Auf Deutsch: „Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage in der Gaza-Region? Wer heute den Wahnsinn in Gaza verteidigt, kann nicht unser Kunde sein, genauso wenig arbeiten wir mit deutschen Nazis oder Rechtspopulisten zusammen.“ Damit habe der Mitarbeiter des in Pfaffing im Landkreis Rosenheim ansässigen Unternehmens die Orchestermitglieder mit den Nationalsozialisten in einen Zusammenhang gestellt. „Das ist unsäglich“, so Spaenle weiter.
Der Ex-Minister war nach Angaben seines Pressesprechers Dr. Ludwig Unger von jemandem aus dem engeren Umfeld des Orchesters, das sich derzeit auf Tournee in Deutschland befindet, auf den Fall aufmerksam gemacht worden. Dem Antisemitismus-Beauftragten in Bayern läge auch der Schriftverkehr zwischen dem Kunden und dem Unternehmen, einem Handel von Musikalien, vor.
Spaenle wird laut seines Büros den Fall an die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus in Bayern (RIAS) weitergeben. Die Meldestelle dokumentiert antisemitische Vorfälle, auch unterhalb der Straf-
fälligkeit. Der Verein unterstützt außerdem Betroffene bei der Aufarbeitung des Erlebten. Außerdem werde Spaenle die Firma um Stellungnahme bitten, so Unger. Der Geschäftsführer des Musikaliengeschäftes sieht sich zu Unrecht von Spaenle an den Pranger gestellt. Die Zitate seien in dieser Form so nicht von ihm verfasst worden. Außerdem habe es sich um einen privaten Schriftverkehr von Musiker zu Musiker gehandelt, bei dem es um das kostenlose Verleihen eines Verstärkers gegangen sei.
„Hassmails und
Morddrohungen“
„Seitdem Herr Spaenle unsere Daten in den sozialen Netzwerken veröffentlicht hat, werden wir mit Hassmails und Morddrohungen bombardiert. Einer schrieb: ‚Eure Firma gehört abgebrannt, der Geschäftsführer erschossen‘“, so der Geschäftsmann, der nicht namentlich genannt werden will. Er will mit rassistischem oder rechtsradikalem Gedankengut nichts zu tun haben. „Wir vermieten kein Equipment an Nazis oder Rechtspopulisten, das machen wir auch auf unserer Homepage klar.“ Zudem erklärt er: „Wir sind Pazifisten und wollen, dass mit Musik Frieden und Freundschaft vermittelt werden.“
Die Aktivitäten der israelischen Armee würden auch von der UN-Kommission als Völkermord bezeichnet. „Ich wollte von dem Herrn, der bei uns angefragt hatte, nur wissen, wie er zu dem Konflikt steht.“ Der Vorwurf, dass er dem BDS nahe stehe, sei absurd: „Das BDS ist absolutes No-Go für uns, wir wollen damit nichts zu tun haben.“ Seine Firma unterstütze ein israelisches Orchester, das israelische und palästinensische Kinder zusammen auftreten lasse.
„Der Vorwurf des Antisemitismus ist auch deshalb absurd, da ich bereits sehr viele Veranstaltungen für jüdische Einrichtungen in Bayern mit meiner Firma betreut habe. Ich werde eine Anzeige wegen Beleidigung und Geschäftsschädigung erstatten“, sagt er.
Spaenle dazu: „Mir wurde der Mailverkehr übermittelt.“ Er findet schon die Fragestellung des Geschäftsmannes an den Israeli problematisch. „Der Kunde sollte Stellung zu dem Gaza-Krieg nehmen, weil er Israeli ist. Das ist diskriminierend.“