Wasserburg – Die Vorfälle liegen bereits einige Jahre zurück: Laut Administrator wurden die Videos vermutlich in der Pandemie gemacht, im Distanzunterricht. Die zu hörende Lehrkraft, die nicht zu sehen ist, schimpft unter anderem über technische Probleme und ärgert sich wortgewaltig über Schüler, die auch mit Kraftausdrücken belegt werden.
Schulleiter
bedauert Vorfälle
Gerhart Zimmermann, seit 2023/2024 Leiter des Staatlichen Beruflichen Schulzentrums Wasserburg, betont auf Anfrage, dies sei im Schuljahr 2020/2021 geschehen. „Ich bedauere die Vorfälle“, nimmt er Stellung. Das Schulzentrum setze sich für ein respektvolles Miteinander ein. Aus Gründen des Persönlichkeitsrechts und Datenschutzes und weil es sich um ein laufendes Verfahren handele, könne er keine weiteren Auskünfte zu den Vorfällen geben, so Zimmermann.
Die zuständige Aufsichtsbehörde für die Berufsschulen ist die Regierung von Oberbayern. „Der Vorgang ist uns bekannt“, teilt Pressesprecher Wolfgang Rupp auf Anfrage mit. „Es handelt sich unseres Wissens um die heimliche Aufzeichnung einer Szene aus dem Distanzunterricht während der Corona-Zeit. Sowohl die Aufzeichnung als auch die Verbreitung des Videos sind unzulässig. Unabhängig davon entsprechen die Äußerungen vor der Klasse einer beruflichen Schule nicht dem Standard, den wir von unseren Lehrkräften erwarten.“
Den Machern der Instagram-Seite „rosenheimer_gsindl“, die der Redaktion namentlich bekannt sind, aber anonym bleiben wollen, liegen nach eigenen Angaben neun Videos vor. Darin beleidige der Lehrer Schüler verbal. Über die Motivation, die Film- und Tonaufnahmen zu veröffentlichen, möchte sich das Instagram-Team derzeit auf anwaltlichen Rat hin nicht äußern.
Tatsache ist: Es gab nach Informationen der Administratoren ein Telefonat mit der Schulleitung, bei dem diese gebeten habe, die Videos aus dem Netz zu nehmen. Dieser Aufforderung wurde nicht entsprochen. Auch zu diesen Gründen wollen sich die Administratoren mit Verweis auf anwaltlichen Rat derzeit nicht äußern.
Gegen das Admin-Team wurde Anzeige erstattet, teilt dieses mit. Es legt Wert auf die Feststellung, das Video nicht selbst aufgenommen, sondern nur veröffentlicht zu haben. Es handele sich um Einsendungen von Zuschauern der Seite. Diese gibt es seit Mai 2025. Das „rosenheimer_gsindl“ hat vor allem in den vergangenen Wochen enorm an Reichweite gewonnen. Mittlerweile hat die Seite 14100 Follower. Im Fokus stehen eher unterhaltsame Beiträge, die Administratoren wollen nach eigenen Angaben das Geschehen im Raum Rosenheim widerspiegeln, informieren, aufklären, unterhalten. Die veröffentlichten Memes sind vor allem humoristisch.
Der Vorwurf, der jetzt jedoch im Raum steht: „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“, strafbar nach Paragraf 201 Strafgesetzbuch. Die Polizeiinspektion Wasserburg bestätigt, dass sie sich des Falles angenommen hat. Schritt eins: „die Schadensbegrenzung durch Löschung des Videos“, so Polizeihauptmeisterin Magdalena Schäuble. Das war bis Redaktionsschluss noch nicht gelungen. Ermittlungen mit Zeugenvernehmungen würden gestartet, wenn der Lehrer eine Anzeige erstattet habe, was geplant sei.
Schäuble ist zuständig für die Präventionsarbeit der Polizei in puncto Medienkompetenz an den weiterführenden Schulen. In dieser Funktion besucht sie im Altlandkreis Wasserburg die fünften und sechsten Klassen. Hier erklärt sie den Jugendlichen, was erlaubt ist und was nicht.
Im Unterricht Videos aufzunehmen, ohne Rücksprache mit der Lehrkraft, also heimlich, sei verboten. Fälle dieser Art gebe es jedoch leider immer wieder, zumal die Mediennutzung im Unterricht, wo viele Jugendliche sowie Heranwachsende mittlerweile mit Tablets arbeiten dürften, gang und gäbe sei. Auch deshalb sei es wichtig, die Grenzen klar zu vermitteln und die rechtlichen Konsequenzen bei Verstößen zu erklären, sagt Schäuble.
Die Wasserburger Berufsschüler, die das Video aufgenommen und zur Veröffentlichung weitergeleitet haben, „müssten dies eigentlich wissen“, findet sie angesichts ihrer Präventionsarbeit.
Die Staatsanwaltschaft Traunstein teilt mit, dass derzeit noch kein Ermittlungsverfahren anhängig sei. Dies dürfe dem Umstand geschuldet sein, dass eine entsprechende Strafanzeige bei der Polizei durch den üblichen Aktenlauf erst einige Zeit später der Staatsanwaltschaft vorgelegt werde.
Sollte heimlich ein Video in einer Schulstunde mitgeschnitten worden sein, könnte der Tatbestand der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß Paragraf 201 Absatz 1 Strafgesetzbuch erfüllt sein. Hierbei handele es sich jedoch um ein sogenanntes „reines Antragsdelikt“, das heißt, die Staatsanwaltschaft werde nicht von Amts wegen tätig, sondern erst, wenn der Verletzte einen Strafantrag gestellt habe, teilt Oberstaatsanwalt Dirk Dombrowski von der Zweigstelle Rosenheim weiter mit. Er ist hier auch der Ansprechpartner für Hate Speech (Hassbeiträge im Netz).