Haag – Jedes fünfte Kind zwischen sechs und zehn Jahren kann nicht schwimmen – doppelt so viele wie noch im Jahr 2017. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Instituts forsa im Auftrag der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) aus dem Jahr 2022.
In Haag soll sich das ändern. Dieser Meinung sind zumindest Johanna Wenninger, Leiterin der Mittagsbetreuung an der Grund- und Mittelschule Haag, und Undine Gabler, Inhaberin der Undine Schwimmschule, die Kurse in Haag, Wasserburg und Waldkraiburg anbietet. Mit einer neuen Kooperation wollen die beiden dafür sorgen, dass Haags Grundschüler schwimmen lernen.
Schwimm-Unterricht
auch an der Schule
Die Idee dazu kam Wenninger. Seit einigen Jahren leitet sie die Mittagsbetreuung unter der Trägerschaft der Diakonie Rosenheim. Im Gespräch mit den Sportlehrern habe sie mitbekommen, dass diese ein Problem haben. Grundsätzlich haben nämlich die Kinder der Haager Grundschule regelmäßig Schwimmunterricht in der erst vor wenigen Jahren sanierten Schwimmhalle. Um diesen Unterricht zu gewährleisten, sollten die Kinder deshalb zum Schulanfang schwimmen können. „Das ist aber nicht bei allen so“, sagt Wenninger. Eine Integration der Nicht-Schwimmer in den Unterricht und ein Beibringen der grundlegenden Fähigkeiten sei aber für die Lehrer kaum leistbar. Mit Unterstützung der Gemeinde Haag sei ihr somit die Idee gekommen, dieses Angebot in der Mittagsbetreuung anzubieten.
120 Kinder betreuen Wenninger und ihr Team hier regelmäßig. „Immer mehr Eltern sind auf unser Betreuungsangebot angewiesen“, sagt die gelernte Erzieherin. Ihr Anspruch sei es deshalb auch, den Kindern Bewegung zu bieten. „Sie sollen nicht nur auf dem Stuhl sitzen“, sagt Wenninger. Die Kooperation mit Undine Gabler komme da nur Recht. Zustande gekommen sei diese auch mit tatkräftiger Unterstützung der Gemeinde, insbesondere Bürgermeisterin Sissi Schätz. „Sie war gleich Feuer und Flamme“, erzählt Gabler. Zweimal in der Woche montags und freitags besucht Gabler nun die Mittagsbetreuung und bringt den Erstklässlern das Schwimmen bei. Der Vorteil steht für Wenninger und Gabler ganz klar fest: Kurze Wege. Ein Gang durch zwei Türen und schon stehen die Kinder im Schwimmbad. Mithilfe von Gabler können sie sich hier umziehen und dann gleich bei ihrem Schwimmkurs teilnehmen, bevor es wieder zurück in die Mittagsbetreuung geht. „Ich kann den Kurs vergünstigt anbieten“, freut sich Gabler. Denn die Gemeinde stellt dafür das Hallenbad kostenlos zur Verfügung. Zudem könne Wenninger noch weitere Betreuung leisten. Gerade bei Kindern mit Wasserangst ein großer Vorteil, wie die beiden finden. „Aktuell ist einer im Kurs, für den es anfangs schon schwierig war, zu duschen“, erzählt Wenninger. Die Erzieherin bastelte ihm eine „Angstrakete“. Jeder Fortschritt wird nun schriftlich auf buntem Papier festgehalten und an die Rakete geklebt. Mit Erfolg: „Inzwischen sagt er sogar, dass er Spaß hat beim Schwimmkurs.“
Die Angst vor Wasser ist für Gabler ein bekanntes und zunehmendes Problem. „Leider kommen die Kinder immer weniger in Berührung mit Wasser“, sagt die Schwimmlehrerin, die seit drei Jahren in Haag ihre Kurse anbietet. Die Berührungsangst mit dem Element nehme mehr und mehr zu.
Mit einem gemeinsamen Singen, Geschichten erzählen und vielen Spielen versuche sie den Kindern die Angst zu nehmen. Beim Großteil der Kinder sei sie damit erfolgreich. Bei einigen Einzelfällen sei die Angst aber tief verankert.
In zehn Einheiten
zum Seepferdchen
„Da ist es fast unmöglich, etwas zu tun“, sagt Gabler. Ihr Rat deshalb an alle Eltern: Mit den Kindern ins Wasser gehen. Einfach Toben im Wasser, auch so, dass das Gesicht nass werde, sei wichtig.
In zehn Einheiten, mit jeweils 40 Minuten, sollen die Haager Grundschüler nun das Seepferdchen erwerben. 17 Kinder sind es aktuell, die bei ihren Kursen dabei sind. „Im nächsten Jahr, wenn dieses Angebot bekannter wird, hoffen wir auf noch mehr Zulauf“, sagt Gabler. Dann soll das Angebot auch auf Zweitklässler ausgeweitet werden.