Unterreit kämpft mit zwei Großvorhaben

von Redaktion

Bürokratie fordert heraus: Wildpark will erweitern, Freiflächen-PV auf der Wiese geplant

Unterreit – Im Zentrum der Gemeinderatssitzung in Unterreit standen zwei größere Bauvorhaben, die das Gremium schon seit längerer Zeit beschäftigen, nicht zuletzt, weil für beide Änderungen beim jeweiligen Flächennutzungsplan erforderlich sind, die sich dann auch in den entsprechenden Bebauungsplänen niederschlagen müssen.

Sowohl für die Freiflächenphotovoltaikanlage bei Bach als auch für den geplanten Ausbau des Wildparks Oberreith liegen im Zuge der verpflichtenden Beteiligungsverfahren die Stellungnahmen von Behörden sowie der Bürger zum jeweiligen Flächennutzungs- und zum Bebauungsplan vor. Sie wurden mit über 50 Beschlüssen des Gemeinderats entsprechend eingearbeitet und verabschiedet.

Zum Teil komplexe
Rückmeldungen

Die zum Teil langen und komplexen Rückmeldungen von betroffenen Behörden oder Trägern öffentlicher Belange und auch der Bürger zeigen, wie schwierig eine sorgsame und vorausschauende Planung inzwischen geworden ist, aber auch beispielhaft, in welchem Grad die Landschaft schon von Leitungsnetzen durchzogen wird.

Bei der geplanten Photovoltaikanlage Bach sind Telekommunikationsleitungen, Glasfaserkabel und eine Leitung des Erdgasspeichers in Oberbierwang betroffen, zu denen bei der Planung die entsprechenden Sicherheitsabstände einzuhalten sind. Und selbst die beabsichtigten Eingrünungsmaßnahmen, mit denen die Felder mit den Modulen besser in die Landschaft integriert werden sollen, müssen genau darauf achten, was unten im Boden verlaufen könnte und welche Wurzelausbildungen bei der jeweiligen Pflanze zu erwarten sind.

Neben den verpflichtend zu beachtenden zahlreichen Vorschriften zur Berücksichtigung des Bodenspektrums und der bodenschutzfachlichen Vorgaben, zur Verhinderung von Bodenverdichtung, Erosion und Schadstoffeintrag und der Reduzierung von Beschattungseffekten durch einen maximalen Überschirmungsgrad von 75 Prozent, gibt es immer auch noch Empfehlungen, die zusätzlich berücksichtigt werden sollen. Trotz aller grundsätzlichen Nachvollziehbarkeit stellt sich die Frage, ob all diese Bürokratie durch eine besondere Leistungsfähigkeit der deutschen Sprache auch noch gefördert wird, weil sie es erlaubt, beliebig lange Neuwortbildungen zusammengesetzter Art zu kreieren. Bei den einschlägigen Vorschriften oder beteiligten Ämtern behilft man sich in Unterreit dann mit Abkürzungen, um das Ganze noch im Bereich des Lesbaren zu halten.

36 Seiten Text der beschriebenen Art waren zu bewältigen, wobei sich bei der Behandlung der PV-Anlage bei den Abstimmungen zeigte, dass sich eine Minderheit der Gemeinderäte, insbesondere aus dem näheren örtlichen Umfeld, mit dieser Anlage nicht anfreunden konnte. Man war der Meinung, dass die Bürger und insbesondere die Anlieger zu wenig eingebunden worden seien und verwies auf die inzwischen schon als problematisch angesehene Überproduktion von Solarenergie an bestimmten Tagen.

Ein Einwand richtete sich auch gegen die Standortwahl auf einer landwirtschaftlichen Fläche mit guter Bodenqualität, was staatlichen Empfehlungen widerspricht. Die Mehrheit im Gremium verwies darauf, dass es im Gemeindegebiet nun einmal keine Autobahnböschungen oder auch keine geeigneten Flächen mit schlechterer Bodenqualität gebe, die sich für die Errichtung einer solchen Anlage empfehlen würden.

Man könne sich der lokalen Unterstützung der Energiewende nicht versagen, hieß es im Gemeinderat. Es sei auch kein Ackerland, sondern eine von der Geländebeschaffenheit her im Hinblick auf die Neigung und Ausrichtung gut geeignete Wiese, bei der man auch nach dem Bau der Anlage noch über eine Nutzung als Weide nachdenken könne. Auch die von den Gegnern angeführte Kollision mit einem geplanten Naturlehrpfad zum Thema Artenschutz im Umfeld wies man mit dem Argument zurück, dass man die Photovoltaikanlage durchaus in ein entsprechendes pädagogisches Konzept integrieren könne.

Reste aus
römischer Kaiserzeit

Keine größeren Bedenken gab es beim zweiten Bauvorhaben, der Vergrößerung und baulichen Veränderung des Wildparks Oberreith. Hier wurden alle Beschlüsse einstimmig gefasst, so auch im Hinblick auf eine Verbesserung der Erreichbarkeit für Radfahrer. Einig war man sich auch bei der Behandlung der umfangreichen Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege, die auf die Reste einer Siedlung der römischen Kaiserzeit in der unmittelbaren Nähe und möglicherweise in dem Bereich liegende Reste vorgeschichtlicher Grabhügel hinwies. Dass man das Bauvorhaben wohl vergessen könne, „wenn man bei jedem Spatenstich einen Archäologen hinzuziehen muss“, war im Rat Konsens. Dem trug die entsprechende Beschlussfassung insofern Rechnung, als hier differenziert vorgegangen werden soll:

In den Arealen, die ohnehin schon genutzt werden, dürfte die Entdeckung von weiteren Bodendenkmälern unwahrscheinlich sein. Vorsichtiger solle man bei den Tiefbauarbeiten für die geplanten Gebäude vorgehen – und dass der Meldepflicht bei Bodenfunden nachgekommen werden muss, war unstrittig.

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