Haag – Das Einzige, was hier ordnungsgemäß aufgeschichtet wurde, ist ein Altholzhaufen: Davor und dahinter haben Unbekannte Baumaterialien mit Asbest abgekippt. Auf den ersten Blick kaum sichtbar. Drei Haufen, „drei Anhänger voll“, schätzt Theodor Fischbacher von der Marktgemeinde Haag. Er ist zuständig für das Straßen- und Verkehrswesen und war als Erster im Einsatz rund um das Krisenmanagement für die illegale Müllkippe.
Mit Warnbaken ließ die Verwaltung die Fläche am Straßenrand absperren. Graue Asbestplatten auf grauem Asphalt: „Das kann schnell übersehen werden in dieser dunklen Jahreszeit. Wir wollen verhindern, dass jemand aus Versehen in den Bereich hineingerät“, sagt Fischbacher. Er appelliert auch an Spaziergänger, Radler oder Autofahrer, Abstand zu halten und die Materialien nicht zu berühren. Eine Gefahr bestehe für Passanten jedoch nicht. Das Areal liege außerdem nicht in einem Wasser-, Landschafts- oder Naturschutzgebiet. Das Landratsamt Mühldorf sei als Ermittlungsbehörde eingeschaltet worden. Asbest ist ein giftiger Stoff, ist krebserregend. Der Abtransport der Materialien darf nur über eine Spezialfirma erfolgen. Sie werde die Asbestplatten in luftdichte Säcke verschließen und zu einer Deponie bringen, wo sie ordnungsgemäß entsorgt würden, heißt es zum weiteren Ablauf. Die Arbeiter benötigen für die Beseitigung vor Ort nach Angaben von Fischbacher Schutzkleidung und Atemschutzmasken. Wann der Abtransport geschehe, sei noch nicht geklärt. Derzeit hole die Marktgemeinde entsprechende Angebote von zugelassenen Firmen ein.
Das Material könnte eine alte Dachabdeckung sein, vermutet die Gemeindeverwaltung angesichts der Tatsache, dass auch Giebelabschlussplatten gefunden worden sind. Der Markt geht davon aus, dass der oder die Umweltsünder mit Anhänger vorfuhren, abgeladen haben und über die nahe Bundesstraße wieder davon sind. Die Gemeinde hofft auf Zeugenhinweise, hat sogar eine Belohnung von 100 Euro ausgesetzt. Der Waldkraiburger Dienststellenleiter Uwe Schindler teilt auf Anfrage mit: „Wir sind noch mittendrin in der Klärung.“ Die Inspektion Waldkraiburg hat nach seinen Angaben auch die Staatsanwaltschaft Traunstein informiert. Denn: „Es handelt sich um eine Straftat.“ Sie kann mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 Euro geahndet werden.
Die Polizei Waldkraiburg ermittle auf Hochtouren. Spuren, die auf die Täter hinweisen könnten, hat sie nach eigenen Angaben vor Ort leider nicht gefunden. Die Polizei betont, jetzt gelte es, sich im Haager Land umzuschauen: Wo werde renoviert oder ein älteres Haus saniert? Es könne natürlich auch sein, dass der Verursacher von weiter her angefahren sei und die versteckte Lage an der B12 genutzt habe, um sich des gefährlichen Mülls zu entledigen.
Asbest wurde bis in die 1970er- und 80er-Jahre intensiv in Baustoffen verwendet, galt damals als Wundermaterial mit vielen wichtigen Eigenschaften wie Feuerfestigkeit. Erst später wurde bekannt, dass Asbest hochgradig gefährlich ist. Die winzigen Fasern können tief in die Lunge eindringen, der Körper ist nicht in der Lage, sie abzubauen oder auszuscheiden. 1993 wurde die Verwendung von Asbest verboten. Wer umbaut oder saniert, muss, so die Gesetzeslage, Fassaden- oder Dachplatten mit Asbest von einer Spezialfirma entsorgen lassen. Im Umkreis von Haag gibt es mehrere Unternehmen, die dafür zugelassen sind.
Die Inspektion Waldkraiburg hofft ebenso wie die Gemeinde Haag noch auf Hinweise aus der Bevölkerung. Bisher allerdings Fehlanzeige. Die Ablagerung geschah in der Nacht vom 8. auf den 9. November im Osten von Haag, zwischen B12 und B15 am Furtherweg.
Erdreich kontaminiert?
Gutachten wohl notwendig
„Das wird teuer“, sagt Schindler mit Blick auf das, was im Falle einer erfolgreichen Ermittlung der Umweltsünder auf diese zukommt. Denn neben einer Geldstrafe drohen noch die Kosten für die Entsorgung. Auf denen bleibt derzeit der Markt Haag, also der Steuerzahler, sitzen.
Nach der Räumung des Areals müsse analysiert werden, ob das Erdreich kontaminiert sei, so die Gemeinde. Ein Bodengutachten sei vermutlich notwendig. Eventuell müsse die Erde bis zu einer gewissen Tiefe abgetragen und extra entsorgt werden. Was all das kosten wird, ist derzeit laut Verwaltung noch nicht absehbar.