Neue Debatte über Kopftuchgebot im Iran

von Redaktion

Teheran – Für die einen ist das Kopftuch ein Symbol der Unterdrückung der Frau, für die anderen der Garant ihrer Ehre – auch fast vier Jahrzehnte nach der Islamischen Revolution scheiden sich die Geister im Iran am Schleier. Nun hat eine kleine, aber aufsehenerregende Protestaktion das Thema erneut in die Öffentlichkeit gebracht: Ende Januar veröffentlichten Frauen im Internet Fotos von sich ohne Kopftuch, kurz darauf meldete die Justiz 29 Festnahmen wegen „Störung der öffentlichen Ordnung“.

Für die konservativen Hardliner ist ein solcher Protest nicht hinnehmbar, da sie das Kopftuch als zentralen Ausdruck der islamischen Gesellschaftsordnung betrachten. Die Abkehr vom Kopftuchgebot käme für sie einem Verrat an den islamischen Werten und der Revolution von 1979 gleich. Zugleich haben sie aber nicht verhindern können, dass die Kleiderordnung immer weniger beachtet wird.

Eigentlich sind Frauen in der Islamischen Republik, ob Muslimin oder nicht, zum Tragen eines Kopftuchs verpflichtet, das Haar und Hals bedeckt. Dazu müssen sie einen weiten Mantel in gedeckten Farben tragen, der Körper und Arme bis zum Handgelenk verdeckt. Seit den 90er-Jahren werden die Mäntel aber immer kürzer, bunter und figurbetonter, während das Kopftuch unablässig nach hinten rutscht.

Seit dem Amtsantritt des moderaten Präsidenten Hassan Ruhani 2013 ist die einst gefürchtete Sittenpolizei weitgehend von den Straßen verschwunden. Über Jahrzehnte hatte sie Mädchen und Frauen bei Verstößen gegen die Kleiderordnung auf eine Polizeiwache geschleppt, wo harsche Strafen drohten.

Nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch bei den Regierenden findet der Kopftuchzwang immer weniger Unterstützung. Nach der Festnahme der Frauen, die per Foto im Internet gegen das Kopftuchgebot protestiert hatten, veröffentlichte Ruhanis Regierung eine Studie, wonach nur noch 40 Prozent der Iraner die staatliche Durchsetzung des Schleierzwangs unterstützen – 15 Prozentpunkte weniger als 2006. Gerade auf dem Land gilt das Kopftuch noch immer als fester Bestandteil der weiblichen Kleidung. Doch es verpflichtend vorschreiben wollen immer weniger Iraner. Der Soziologe Hamid Resa Dschalaipur sieht selbst bei den Konservativen „ein neues Maß an Toleranz“.  afp

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