Nach Schulmassaker

Trump: Bewaffnete Lehrer und ein Spickzettel

von Redaktion

Von Martin Bialecki

Washington – Wen diese Runde nicht anrührt, der hat kein Herz. Aber tote Kinder werden davon auch nicht wieder lebendig. Eine Woche ist vergangen, seitdem 17 Menschen an einer Schule in Florida beim Lernen und Lehren erschossen worden waren. In einem großen Kreis sitzen nun Überlebende und Angehörige im Weißen Haus um den US-Präsidenten, auch die früherer Massaker an US-Schulen. Sie erzählen ihre Geschichte, diskutieren Vorschläge und fragen Donald Trump flehend, was er tun wolle, um solche Bluttaten zu verhindern.

Trump ist ein schlechter Zuhörer, aber heute reißt er sich zusammen. Vielleicht ist das aber auch nur seinem Spickzettel zu verdanken. Später tauchen Bilder seiner Notizen auf, die er in der Runde in Händen hält – und ungeschickterweise in die Kameras: „Ich höre Euch“, steht da als Punkt fünf, vielleicht damit er es bloß nicht vergisst zu zeigen, dass er sie versteht. Empathie gehört ja nicht zu den Eigenschaften, mit denen dieser Präsident vor allem verbunden würde. Im Umgang mit weinenden Hinterbliebenen und schluchzenden Jugendlichen darf er aber keinen Fehler machen. Im Umgang mit der von ihm so geschätzten Waffenlobby aber auch nicht, das würden ihm seine Anhänger sehr übel nehmen.

Trump markierte den Entschlossenen. Zu viele Zwischenfälle, zu viel Gerede, jetzt werde gehandelt. Strengere Überprüfungen würden jetzt ein Thema, ein höheres Mindestalter von Waffenkäufern. Schwammig äußerte sich der Präsident auch zu psychischen Erkrankungen. Und, als hätte es ihm die mächtige Waffenlobby NRA selbst ins Heft diktiert: mehr Waffen an Schulen, ja warum nicht?

Waffen in Schulsafes, die bei einem Überfall von Erwachsenen benutzt werden sollen, damit man keine wertvolle Zeit beim Warten auf die Polizei verliere – dieser Vorschlag kam aus dem Publikum. Trump zeigt sich offen, sehr genau werde man das prüfen. Nach einigem Applaus für den Vorschlag wird es Mark Barden sein, der Trump ruhig sagt, dass er das für keine sehr gute Idee hält. Dass Lehrer vielleicht nicht Lehrer werden würden, um jemanden totzuschießen. Mark Barden ist Daniels Vater. Im Alter von sieben Jahren wurde Daniel 2012 an der Grundschule Sandy Hook in Newtown, Connecticut, erschossen.

Tags drauf bekräftigt Trump die Idee, bestimmte Lehrer an Schulen verdeckt Waffen tragen zu lassen. Zugleich stellte er am Donnerstag auf Twitter aber klar, dass dazu einige Voraussetzungen erfüllt werden müssten. Er habe niemals gesagt, man solle Lehrern Waffen geben, so wie es CNN und NBC berichtet hätten, schrieb Trump. Er habe gesagt, man müsse die Möglichkeit prüfen, ob Lehrer, die mit Waffen vertraut seien und ein spezielles Training hätten, diese verdeckt tragen könnten.

Wenn ein potenzieller Täter wisse, dass es an einer Schule eine große Anzahl von Lehrern gebe, die mit Waffen vertraut seien und sofort schießen würden, würde er die Schule niemals angreifen, fügte er hinzu. „Feiglinge werden nicht dorthin gehen… Problem gelöst. Man muss offensiv sein, Verteidigung allein funktioniert nicht.“

Etwa 20 Prozent der Lehrer kämen dafür infrage, sagte er. „Dies wäre natürlich nur etwas für Leute, die sehr geschickt im Umgang mit Waffen sind“, fügte er hinzu. Die Lehrer sollten die Waffen versteckt tragen. Sie könnten Attacken in Schulen dann im Ernstfall „sehr schnell beenden“.

Es gebe „viele Ideen“ für eine Reaktion auf die Bluttat an der Marjory Stoneman Douglas High School, sagte Trump bei dem Treffen im Weißen Haus. Der Präsident sagte strengere Kontrollen von Waffenkäufern zu. Die Behörden würden künftig „sehr strikt sein bei Hintergrund-Checks“. Dabei werde vor allem die „psychische Gesundheit“ der Käufer beleuchtet werden.

Bei einer Podiumsdiskussion in Florida erntete Trump, der grundlegende Änderungen am Waffenrecht weiter ablehnt, Kritik für seinen Vorschlag zur Bewaffnung von Lehrern. „Ich denke nicht, dass Lehrer bewaffnet werden sollten. Lehrer sollten unterrichten“, sagte der für Parkland zuständige Sheriff Scott Israel.

Auch eine Lehrerin, die das Massaker überlebt hatte, äußerte ihr Unverständnis. „Soll ich nun auch noch ausgebildet werden, um die Schüler nicht nur zu unterrichten, sondern auch zu beschützen?“, fragte Ashley Kurth. „Soll ich eine Schutzweste tragen? Soll ich die Waffe am Bein tragen oder in meinem Schreibtisch verstauen?“ Bei der Diskussionsrunde in Florida äußerten Überlebende des Parkland-Massakers auch scharfe Kritik an der Nähe der Politik zur Waffenindustrie. Ein Schüler brachte den republikanischen Senator Marco Rubio mit der Frage in Bedrängnis, ob er künftig auf Wahlkampfspenden der Lobbyorganisation NRA verzichten werde. Rubio blieb eine eindeutige Antwort schuldig.

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