von Kriegsmarine geborgen

Zehn Stunden in der Adria überlebt

von Redaktion

Hamburg/Miami – Wasserrutschen an Bord, überbordende Buffets und tolle Unterhaltungsprogramme: Moderne Kreuzfahrtschiffe werben mit einem Luxus, der oft selbst Sterne-Hotels in den Schatten stellt. Die Industrie boomt seit Jahren. Doch manchmal entpuppt sich die Urlaubsidylle als Albtraum. So wie jetzt im Fall einer britischen Touristin, die am Samstagabend in der kroatischen Adria von einem Kreuzfahrtschiff stürzte und erst nach zehn Stunden aus dem Meer gerettet wurde. Hier ging die Sache glücklich aus. Doch manche Passagiere bleiben verschwunden – nicht nur durch Unfälle.

„Tatsächlich verschwinden im Schnitt jedes Jahr über 20 Menschen von Bord eines Kreuzfahrtschiffes“, erläutert Ross Klein, Professor für Maritime Studien von der kanadischen Universität Neufundland. Insgesamt 315 solcher Fälle hat der Kreuzfahrt-Experte seit 2000 dokumentiert.

Ein Teil der Vermisstenfälle sei auf Suizide zurückzuführen, erklärt der Experte. „Besorgniserregend ist, dass es in rund 30 Prozent aller Fälle keinen Anhaltspunkt gibt, was mit den Passagieren geschehen sein könnte“, sagt Klein. Andere Fälle seien das Resultat unglücklicher Unfälle, oft als Folge von Alkoholmissbrauch. So war es wohl jetzt bei der Britin Kay Longstaff.

Sie selbst sagt nichts zur genauen Ursache. „Doch allem Anschein nach war sie betrunken“, zitierte die britische Zeitung „Daily Mail“ einen Passagier, der seinen Namen nicht nennen wollte. Die Frau soll demnach am Samstagabend vor der Küste Kroatiens vom siebten Deck eines Kreuzfahrtschiffs gestürzt sein. Am Sonntag wurde sie von einem Schiff der Küstenwache gerettet. „Ich war zehn Stunden lang im Wasser“, berichtete Longstaff nach ihrer Rettung im kroatischen Fernsehsender HRT. „Ich bin sehr glücklich, am Leben zu sein.“ Mithilfe von Singen und Yoga-Fitness habe sie das überstanden.

Ein Sprecher des kroatischen Verteidigungsministeriums sagte, die Touristin habe angegeben, „vom Heck“ des Kreuzfahrtschiffs „Norwegian Star“ gestürzt zu sein. Das Schiff hatte zuvor den Hafen von Pula auf der kroatischen Halbinsel Istrien verlassen und war auf dem Weg nach Venedig. Die Küstenwache fand die Urlauberin rund 1,3 Kilometer entfernt von dem Ort, in dem sie ins Wasser fiel.

Laut Verteidigungsministerium hatten die Rettungskräfte anhand der Winde und Strömungen berechnet, wo in der Adria sich Longstaff befinden könnte. Außerdem hatten Überwachungskameras an Bord den Sturz aufgezeichnet – so konnte ungefähr das Suchgebiet eingegrenzt werden.

Im Hafen von Pula verließ sie das Schiff der Küstenwache und wurde in ein Krankenhaus gebracht. Der Kapitän des Schiffes, Lovro Oreskovic, zeigte sich erleichtert: „Wir haben ein Menschenleben gerettet. Das ist ein unvergleichliches Gefühl.“ Die Britin sagte später dem kroatischen Fernsehsender HRT: „Diese wunderbaren Jungs haben mich gerettet.“

Experten zufolge hatte die Frau Glück im Unglück, weil das Meer ruhig und warm war. Sie scheine auch psychisch stark zu sein. Nach einer Untersuchung im Krankenhaus war die Frau auf Fernsehbildern sehr gut gelaunt und erstaunlich fit zu sehen. Es soll sich um eine Flugbegleiterin handeln, die vor allem in Spanien lebt. In einem Interview mit der „Daily Mail“ gab sie ihr Alter mit 46 Jahren an.

Die Rettung von Menschen auf hoher See nach mehreren Stunden wird oft als Wunder betitelt. 2001 überlebte ein Seemann vor der Nordwestküste Schottlands fast 12 Stunden in eiskaltem Wasser. Sechs weitere Seeleute, die es nach dem Untergang ihres Fischkutters nicht in die Rettungsinsel geschafft hatten, konnten nur tot geborgen werden.

Erst Ende Juni dieses Jahres soll ein Besatzungsmitglied eines Kreuzfahrtschiffes nach einem Sturz von Bord gar fast 24 Stunden im Wasser überlebt haben. Der Mann trieb jedoch in wärmeren Gefilden. Er wurde dem „Miami Herald“ zufolge nördlich der Küste von Kuba gerettet.

Länger auf hoher See überlebt haben Menschen mit Hilfsmitteln. Ein 13-jähriges Mädchen soll 2007 zusammen mit neun anderen nur an Treibholz geklammert zwei Tage im Meer vor Indonesien überlebt haben, nachdem ihr Fischerboot untergegangen war.

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