Kalabrien

Zehn Ausflügler sterben in Todesschlucht

von Redaktion

Civita – In einer Schlucht in Süditalien sind zehn Ausflügler von Wassermassen überrascht und in den Tod gerissen worden. Das sonst so klare Wasser des Wildbachs ist noch immer schmutzig, trüb. „Das Wasser hat alles mitgerissen, was es finden konnte, leider auch Menschen“, sagte Domenico Gioia, der für die italienische Vereinigung AIGAE Exkursionen durch Kalabrien führt. Die 13 Kilometer lange Raganello-Schlucht liegt im malerischen Nationalpark Pollino. Die Felswände ziehen sich bis zu 400 Meter hoch, doch der Zugang zur Schlucht ist stellenweise einfach und wird nicht kontrolliert. Auch deshalb ist unklar, wie viele Personen sich zur Zeit der Sturzflut dort befanden. 26 Menschen wurden gerettet, elf liegen im Krankenhaus. Kenntnisse zu betroffenen deutschen Staatsangehörigen liegen dem Auswärtigen Amt in Berlin nicht vor. Es gebe „zu 99,9 Prozent“ keine Vermissten mehr, sagte Umweltminister Sergio Costa in dem nahe der Raganello-Schlucht gelegenen Ort Civita. Die Suche ginge aber trotzdem weiter, sagte eine Sprecherin des Zivilschutzes.

Am Montag sei ein starkes Unwetter über der Region niedergegangen, aber nicht direkt über der Schlucht, erklärte Gioia. Womöglich merkten die Ausflügler nicht, wie viel Regen in den Bergen niederging und den „fast trockenen Bach“, wie Gioia sagte, in einen reißenden Fluss verwandelte. „So eine Situation hatten wir hier seit 40, 50 Jahren nicht mehr.“

Beim Eintreffen der Rettungskräfte spielten sich dramatische Szenen ab. „Wasser, Schlamm, Geröll. Und mittendrin die Körper der Ausflügler. Unsere Männer wussten sofort, dass hier etwas Schreckliches passiert ist“, erzählte Guido Umile von der Bergrettung dem „Corriere della Sera“. Das Wasser sei in die Schlucht geleitet worden und mit vernichtender Kraft gekommen. „Wir hörten ein Donnern, gleich danach stürzte eine Wassermauer hinunter, die uns wegriss“, zitierte die Zeitung eine Italienerin, die gerettet wurde. „Ich habe es geschafft, (…) mich an einem Baum festzuhalten, aber ich sah Körper, die mit wahnsinniger Gewalt fortgespült wurden.“ Ein niederländischer Wanderer berichtete von „einer wahren Lawine aus Wasser“, die unerwartet über die Gruppe hereingebrochen sei. „Wir hatten keine Zeit, irgendetwas zu tun.“

„Die Sturzflut von gestern in den Schluchten von Raganello ist leibhaftig ein Tsunami gewesen“, sagte der Vizepräsident der kalabrischen Bergrettung, Giacomo Zanfei. „Das Erste, was man merkt, ist ein Windstoß und sofort danach eine Sturzwelle, die dich fortreißt“, erklärte Pierpaolo Pasqua von der Bergrettung. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen unbekannt eingeleitet, unter anderem wegen fahrlässiger Tötung. Doch Zanfei gibt zu bedenken: Die Guides in der Raganello-Schlucht seien sehr erfahren und spezialisiert. „Deswegen wird hier niemand kriminalisiert. Das sind Ereignisse, die ein Mal im Leben passieren.“

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