Wiesbaden – Deutsche Jugendämter haben 2017 rund 61 400 Kinder und Jugendliche zum Schutz vorübergehend in Obhut genommen. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, war bei Kindern unter 14 Jahren eine Überforderung der Eltern der häufigste Grund, bei Jugendlichen bis 18 die unbegleitete Einreise. Der Sozialverband AWO forderte mehr Personal und Geld für die Jugendämter.
Jugendämter nehmen Minderjährige in akuten Krisensituationen in Obhut, bis eine Lösung für das Problem gefunden wurde. Mehr als die Hälfte der Inobhutnahmen endete nach spätestens zwei Wochen. Ein Vergleich mit Vorjahreszahlen ist laut Bundesamt schwierig, da sich die Gesetzeslage änderte.
Etwa ein Drittel oder 20 000 der Betroffenen waren Kinder. Bei ihnen war zu 49 Prozent Überforderung der Eltern der Grund, der Schutz vor Vernachlässigung in 21 Prozent und der Schutz vor Misshandlung in 14 Prozent der Fälle. Zwei Drittel oder 41 000 waren Jugendliche. 51 Prozent wurden wegen einer unbegleiteten Einreise in Obhut genommen, Überforderung der Eltern war in 18 Prozent der Fälle der Grund.
Von den Kindern kehrten 43 Prozent nach Ende der Inobhutnahmen wieder zu ihren Erziehungsberechtigten zurück, 32 Prozent kamen in ein Heim oder eine Pflegefamilie. Bei den Jugendlichen kehrten 19 Prozent zu den Sorgeberechtigten zurück, 26 Prozent gingen in ein Heim, eine Pflegefamilie oder in betreute Wohnformen. Auch stationäre Hilfen wie in Jugendpsychiatrien oder Kliniken wurden in 20 Prozent der Fälle in Anspruch genommen.
Der AWO kritisierte, die Personallage in Jugendämtern lasse eine Arbeit mit Familien nicht zu. Dies führe dazu, dass sich Krisen zuspitzten und Inobhutnahmen notwendig würden. Auch Kitas und Einrichtungen für Familienbildung müssten besser gefördert werden. afp