München – Keiner moderierte so zackig wie Carl-Dieter Heckscher. Und keiner sprach so schnell. „Hier ist Berlin!“ – die Begrüßung aus Studio 1 der Berliner Unionfilm, unterlegt mit der Titelmusik von James Last, ist bis heute legendär. Und der Mann ist noch legendärer: Als Dieter Thomas Heck, so sein Künstlername, als „Mr. Hitparade“, wurde der Mann aus Flensburg zu Deutschlands beliebtestem Fernsehmoderator.
Letzten Dezember, zwei Tage vor Silvester, feierte Heck in seiner spanischen Wahlheimat Águilas noch seinen 80. Geburtstag, an der Seite seiner zweiten Ehefrau Ragnhild, seinem „Hildchen“. Am Donnerstag ist Dieter Thomas Heck im Alter von 80 Jahren gestorben. Das teilte sein Medienanwalt Christian Schertz am Freitagabend im Namen der Familie mit. Nach den großen Hitparaden-Stars wie Roy Black, Rex Gildo, Chris Roberts und zuletzt Jürgen Marcus ist nun also auch der Moderator der legendären Schlagershow des „Zett-De-Eff“ gestorben, die Heck von 1969 bis 1984 moderierte, insgesamt 183 Sendungen lang. Die Hauptdarsteller aus Studio 1, sie werden immer weniger.
Seinen letzten Fernsehauftritt hatte Heck im Februar 2017 bei der Verleihung der „Goldenen Kamera“ für sein Lebenswerk. Er wirkte damals schon nicht mehr gesund und soll unter anderem an Lungenproblemen gelitten haben. Im vergangenen Frühjahr lag er deswegen offenbar schwer krank in der Berliner Charité. Es war 2017 ein TV-Abschied, der viele seiner Fans traurig gemacht hat, die Heck noch als nimmermüder Schnellsprecher aus der „Hitparade“ oder aus der „Pyramide“ kannten.
Dabei stotterte er als Kind, nach einem Bombenangriff, den er 1943 in Hamburg überlebte: „In jener schrecklichen Nacht hatte ich meine Sprache verloren.“ Das Schnellsprechen war seine Therapie, fortan flog er über die Worte hinweg. Der junge Carl-Dieter Heckscher arbeitete zuerst als Autoverkäufer bei Borgward. Später verschlug es ihn in die Unterhaltung. Als Sänger sollte er der Peter Alexander des Nordens werden. „Hippe di Hopp, mein Mädchen“, hieß 1959 seine erste Single. 1961 nahm er mit „Was tut man nicht alles aus Liebe?“ an der Grand-Prix-Vorentscheidung teil. Doch seine Liebe gehörte eher dem Moderieren als dem Singen. Sein Name wurde im Laufe der Zeit immer kürzer. Aus Carl-Dieter Heckscher wurde Dieter Heckscher – und bald darauf Dieter Heck. Bei Radio Luxemburg, wo Heck als Discjockey immer populärer wurde, gab es allerdings schon zu viele Dieters. Und so suchte die Bravo in einer Umfrage einen zweiten Namen für ihn. Dabei standen auch Pit, Kai und Holger zur Auswahl. Beinahe wäre es also zu „Dieter Holger Heck“ gekommen. Doch die Leser entschieden sich für den Thomas.
Am 18. Januar 1969 dann die Schlager-Revolution, die erste Hitparade. Zum ersten Mal: „Hier ist Berlin!“ Roy Black gewann mit „Ich denk an dich“, und Dieter Thomas Heck wurde zum Superstar. Truck Branss, der legendäre Erfinder und Regisseur der Sendung, wollte Heck eigentlich nach zwei Jahren feuern, weil ihm der Moderator zu populär wurde. Doch die Intrige scheiterte, „Mr. Hitparade“ blieb. Und die Hitparade blieb auch, obwohl die Bildzeitung Heck und seine Sendung nach der ersten Ausgabe 1969 in Grund und Boden schrieb: „Die Sänger flüsterten. Der Showmaster schrie.“
Wer die Hitparade heute als verzopft belächelt, könnte falscher nicht liegen. Die Sendung war für die damalige Zeit, fürs Prilblumen-Jahrzehnt der Siebziger, ungeheuer frech und progressiv. Cindy und Bert, Gitte oder Roland Kaiser sangen mitten unter den Zuschauern auf den Stahlrohrtribünen, Dorthe Kollo brachte ihren Hund mit auf die Bühne. Das war ganz neues, frisches Fernsehen – bis heute auf YouTube zu bestaunen.
1984 verabschiedete sich der Moderator von der Hitparade, weil die aufsässige Neue Deutsche Welle nicht mehr seine Welt war. Dieter Thomas Heck blieb mit Sendungen wie „Musik liegt in der Luft“ einer der Stars des ZDF, bis zu seinem nicht ganz harmonischen Abschied 2007, weil der Sender (wieder einmal) jünger werden wollte. Er zog sich mit seinem Hildchen zurück nach Spanien. Nun ist er für immer verstummt, der Schnellsprecher der Nation.