Islamabad – Nach wütenden Protesten radikaler Muslime gegen die Aufhebung des Todesurteils gegen die Christin Asia Bibi in Pakistan fürchtet ihr Ehemann um das Leben der gesamten Familie. Er bitte die USA, Großbritannien und Kanada darum, seiner Frau und der Familie zur Ausreise zu verhelfen und ihnen Asyl zu gewähren, erklärte Bibis Ehemann Ashiq Masih.
Bibi sitzt wegen angeblicher Gotteslästerung seit neun Jahren im Gefängnis. Am Mittwoch hob das Oberste Gericht Pakistans das Todesurteil gegen sie auf und sprach die Frau von allen Vorwürfen frei. Daraufhin protestierten radikale Muslime tagelang gewalttätig gegen die Gerichtsentscheidung. Am Freitag einigte die Regierung sich mit der Islamistenpartei Tehreek-e-Labaik darauf, dass die Islamisten Berufung gegen die Gerichtsentscheidung einlegen dürfen und Bibi die Ausreise untersagt wird.
Wilson Chowdhry vom Verband der christlichen Pakistaner in Großbritannien sagte, die erste Erleichterung von Bibis Familie über die Aufhebung des Todesurteils habe sich in Angst verwandelt. „Die Töchter weinen. Sie haben ihre Mutter noch nicht gesehen. Die ganze Familie ist am Boden zerstört.“ Angesichts der gewalttätigen Unruhen sei es für die Familie zu gefährlich, Bibi im Gefängnis zu besuchen. Auch entfernte Verwandte müssten sich in Sicherheit bringen: „Wenn Asia Bibi das Land verlässt, wird jeder Familienangehörige, jeder Mensch mit Verbindungen zu ihr, getötet werden.“
Bibis Ehemann hatte bereits am Samstag gesagt, die Familie sei nach der Zulassung der Berufung nirgendwo mehr sicher. Er und die gemeinsamen Töchter wechselten aus Sicherheitsgründen ständig den Aufenthaltsort. Er habe zudem Sorge, dass seine Frau im Gefängnis angegriffen werden könnte. „Diese Übereinkunft hätte es niemals geben dürfen“, sagte Masih. Er appellierte an die Regierung, für ihre Sicherheit zu sorgen. Bibis Anwalt Saif-ul-Mulook sagte, die gewaltsame Reaktion der Islamisten auf das Urteil sei traurig, aber nicht unerwartet. „Schmerzhaft“ sei allerdings die Antwort der Regierung. „Sie können nicht einmal ein Urteil des Obersten Gerichts des Landes umsetzen“, bedauerte er. Er flog aus Sorge um sein Leben nach Europa, wolle aber „weiter vor Gericht für Asia Bibi kämpfen“.
Pakistanische Medien kritisierten die Vereinbarung. „Eine weitere Regierung hat vor den gewalttätigen religiösen Extremisten kapituliert, die weder an die Demokratie noch an die Verfassung glauben“, hieß es im Leitartikel der Zeitung „Dawn“ vom Samstag.