Reykjavik – Die weltweite Nachfrage nach Walfleisch ist gering, es gibt nur drei Länder, die sich dem seit 1986 geltenden weltweiten Walfangverbot der internationalen Walfangkommission widersetzen. Neben Japan und Norwegen gehört auch Island dazu. Deren Fischereiminister hat nun entschieden, dass bis 2023 wieder Wale in größerem Umfang gejagt werden dürfen. Voraussichtlich handelt es sich um eine Quote von 209 Finnwalen und 217 Zwergwalen pro Jahr. Zudem erwägt Reykjavik auch die seit Langem verbotene Jagd auf andere, seltenere Walarten. Der Minister rechtfertigt den Schritt mit einem wissenschaftlichen Bericht von einem Parteikollegen an der Handelshochschule, den Umweltschutzverbände als Nonsens abtun.
Laut dem Bericht haben sich die einst vom Aussterben bedrohten Wale so sehr erholt, dass die Jagd auf die intelligenten Säugetiere im Meer fast schon zu einer Pflicht wird. Wale würden tonnenweise Fisch verschlingen. Wenn man sie tötet, gebe es mehr Fisch für die in Island wichtige Fischereiindustrie. Zudem habe der Walfang keinen negativen Einfluss auf den Tourismus. In der Tat ist der dank Billigfliegern explosionsartig angestiegen, obwohl zeitgleich Wale gejagt wurden. Zudem sei der Walfang ein lohnendes Geschäft, heißt es im Bericht. Auch der in Island prominente Geschäftsmann und Walfänger Kristjan Loftsson geht immer wieder an die Öffentlichkeit und argumentiert für seine Sache. Wenn man jährlich 200 von insgesamt 40 000 Finnwalen jage, sei das doch kein Problem.
Umweltschützer halten das alles für Faktenverdrehungen. Die Walbestände seien noch immer zu klein. Sie seien schöngerechnet worden. Zudem sei die Art und Weise, wie die Meerestiere getötet werden, barbarisch. Wale werden auch durch Harpunen angestochen, an deren Spitze explodieren Sprengsätze. Dennoch leben sie zumeist noch lange unter schweren Schmerzen, bevor sie sterben.
Vor einigen Jahren mussten Touristen auf einer Walbeobachtungs-Tour mit ansehen, wie sich das Wasser durch die angestochenen Wale überall blutrot färbte. Danach wurde bestimmt, dass Walfänger zu Walbeobachtungsbooten Abstand halten müssen. So haben die Umweltschützer in der Tourismusindustrie einen mächtigen Verbündeten gefunden.
Vor allem aber lohne sich der Walfang wirtschaftlich gar nicht mehr, betonen Kritiker. In der Tat ist es inzwischen lohnender, Touristen Bootstouren zu den Walen anzubieten, als diese umzubringen. Die Umsätze aus den Walbeobachtungstouren sind heute fast doppelt so hoch wie die aus dem Walfang. ANDRÉ ANWAR