„Man kann nur weinen“

von Redaktion

Große Trauer und Fragen nach Unglück auf Madeira – Identität der 29 Toten noch nicht geklärt

Funchal – Die Ursache des Busunglücks mit 29 Toten auf der Ferieninsel Madeira war auch am Freitag weiter ungeklärt. Zwei Tage nach dem Unfall wurden 16 der 28 Verletzten noch im Krankenhaus der Inselhauptstadt Funchal behandelt. Der Busfahrer, der das Unglück schwer verletzt überlebte, konnte portugiesischen Medienberichten zufolge nicht vernommen werden.

Die Behörden ermittelten weiter zur Unfallursache und versuchten, die Opfer zu identifizieren. Augenzeugen zufolge könnte das Unglück auf ein Bremsversagen zurückgehen. Der Bus sei immer schneller geworden, während der Fahrer verzweifelt versucht habe, das Fahrzeug zum Halten zu bringen, hatten Augenzeugen erzählt. Dabei prallte er auch gegen eine Betonwand, an der schwarze Streifspuren zurückblieben.

Der Reisebus mit Dutzenden deutschen Urlaubern war am frühen Mittwochabend in dem Ort Caniço von der Straße abgekommen, hatte sich überschlagen und war einen Abhang hinunter auf ein Wohnhaus gestürzt. Teile des roten Ziegeldaches sind eingestürzt. Der Bewohner war zum Unfallzeitpunkt bei Verwandten.

Die Reisegruppe wollte zu einem typisch madeirischen Abendessen in Funchal und hatte gerade erst das Hotel verlassen, als der Unfall geschah. „Man kann nichts tun, man kann nur weinen“, sagt eine Augenzeugin, die von der Straße aus tief bewegt auf den Unglücksort blickt. Viele, die danebenstehen, haben ebenfalls Tränen in den Augen. Helfer kehren derweil Scherben der Busfenster zusammen, richten ein mitgerissenes Stromkabel wieder auf. Ein eingeknicktes Verkehrsschild „40 km/h“ liegt im Gras. Oben, neben der Fahrbahn, hat jemand eine Kerze und einen kleinen Blumenstrauß aufgestellt. Arbeiter holen schwere Betonblöcke von einem Lastwagen und stellen sie in der langen Linkskurve auf, die dem Bus zum Verhängnis wurde. Hätte sich der Unfall verhindern lassen, wenn die Blöcke dort schon am Mittwoch gestanden hätten? Viele Fragen sind offen.

Keiner der 16 Verletzten im Krankenhaus sei in Lebensgefahr, zwei Patienten lägen aber weiter auf der Intensivstation, zitierte die Online-Zeitung „Observador“ die Direktion der Klinik Dr. Nélio Mendonça. Leichtverletzte könnten umgehend die Heimreise antreten, erklärte der Reiseveranstalter Trendtours: „Wir haben für unsere Gäste ausreichend Flugkontingente organisiert, so dass jeder auf eigenen Wunsch nach Hause reisen kann.“ Die Behörden und Trendtours wollten die Betroffenen „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ nach Deutschland ausfliegen und sie dort mit ihren Angehörigen zusammenbringen. „Erste Angehörige sind auf dem Weg nach Madeira und werden dort von den Fachkräften in Empfang genommen und unterstützt“, teilte der Reiseveranstalter mit.

In ganz Portugal galt derweil eine dreitägige Staatstrauer zum Gedenken an die 29 Todesopfer. Auch vor dem Hotel „Quinta Splendida“, in dem die Urlauber wohnten, hingen die Flaggen auf halbmast. In Funchal hatte die deutschsprachige evangelische Gemeinde für Freitagnachmittag zu einer Trauerfeier in die Kirche Igreja Presbiteriana eingeladen.

Bei den 16 Patienten im Krankenhaus handele es sich um 14 Deutsche und zwei Portugiesen, hieß es weiter. Bei dem Unfall waren auch der Fahrer und der Reiseleiter verletzt worden, beides Einheimische. Fast alle Passagiere seien bei dem Unfall aus dem Bus herausgeschleudert worden, zitierten Medien den Koordinator der medizinischen Notfalldienste, António Coelho. „Nur fünf Menschen, darunter der Fahrer, waren beim Eintreffen der Rettungsteams im Bus. Alle anderen befanden sich außerhalb.“ Wahrscheinlich hätten sie keine Sicherheitsgurte angelegt, meinte Coelho. Ein deutsches Ehepaar sagte, es habe wohl nur deshalb leicht verletzt überlebt, weil es die Sicherheitsgurte angelegt hatte. Ursprünglich waren 28 Verletzte in das Krankenhaus gebracht worden, „26 mit deutscher Nationalität“, erklärte die Klinik. Ein Patient starb später. Etliche andere wurden mittlerweile entlassen.

Auch am Freitag gab es zunächst keine offizielle Bestätigung der Bundesregierung, ob die Todesopfer – nach portugiesischen Berichten elf Männer und 18 Frauen – ausschließlich Deutsche waren. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sind wahrscheinlich 27 der 29 Toten deutsche Staatsangehörige. Portugiesische Medien meldeten, auch zwei Einheimische könnten ums Leben gekommen sein.

Portugals Präsident Marcelo Rebelo de Sousa gedachte am Freitag auf der Atlantikinsel der 29 Toten des Busunglücks. Am Unfallort in Caniço legte er einen großen Kranz mit pfirsichfarbenen Rosen sowie einer großen rot-grünen Schleife nieder und hielt eine Schweigeminute für die Opfer ab.

Madeira steht zu Ostern unter Schock – auch wenn der Bus nicht mehr zu sehen ist und das klaffende Loch in dem beschädigten Haus mit einer Plane abgedeckt wurde. Was ist geschehen? Versagten die Bremsen des relativ neuen Fahrzeugs? Und warum war die Straße nicht besser gesichert? Die Aufarbeitung des entsetzlichen Unfalls wird dauern – vor allem für die, die ihn erlebt haben.

Artikel 2 von 6