Ivanka überall

von Redaktion

Spott, Häme und Kritik in den USA für Ivanka Trumps Rolle in der hohen Politik

Washington – Das kurze Handy-Video, das die französische Regierung vom G20-Treffen in Japan an die Medien weitergab, wird seit dem Wochenende immer wieder in US-Sendern abgespielt. Es zeigt die britische Premierministerin Theresa May, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Kanadas Premier Justin Trudeau und Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds, im kleinen Kreis. Und die Präsidententochter Ivanka Trump, die – anders als First Lady Melania – nach Osaka mitgeflogen war. Während die vier Mächtigen zusammenstehen und Theresa May redet, tritt Ivanka Trump dazu und versucht plötzlich, Teil der Konversation zu werden. Sie spricht einen Satz, macht heftige Handbewegungen und lacht über ihre eigene Bemerkung, die der Männer-Dominanz im Verteidigungsbereich galt. Christine Lagarde schaut so säuerlich-irritiert, als hätte sie eine Maus in ihrem Frühstücks-Croissant gefunden. Und seitdem diskutiert man auch in den USA: Ist es angemessen, eine Präsidententochter als Chef-Diplomation agieren zu lassen?

Hinzu kommt eine weitere Szene bei einem Fototermin während Trumps erstem Besuch auf nordkoreanischem Boden. Auch Ivanka, formell lediglich Beraterin für Bildungsfragen und die Rolle von Frauen in der Wirtschaft, steht plötzlich in der Reihe der wichtigsten Delegationsteilnehmer – dort, wo eigentlich Außenminister Mike Pompeo seinen Platz haben sollte. Der kommt etwas später dazu und hat Mühe, sich neben Ivanka Trump hereinzudrängen. Sicherheitsberater John Bolton fehlt plötzlich ganz bei diesem Termin. Der Präsident hatte ihn zuvor für Gespräche in die Mongolei geschickt, während Ivanka mit zum historischen Kim-Jong Un-Termin durfte. Auch dies führt am Ende zu ätzender Kritik in der Heimat – beispielsweise von der Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez, die als frisch gewählte Kongressabgeordnete kein Blatt vor den Mund nimmt. „Die Tochter von jemandem zu sein, ist noch keine Karriere-Qualifikation“, stellte sie trocken zu den Ivanka-Auftritten fest.

In der Tat hatte die 37-Jährige bis zur Berufung als Beraterin ihres Vaters lediglich Erfahrung als Geschäftsfrau und Mode-Designerin – und ebenso wie ihr Ehemann und Ex-Immobilienhändler Jared Kushner, der sich ebenfalls als Einflüsterer des Schwiegervaters versuchen darf, keinerlei politische Erfahrung.

Der demokratische Präsidentschaftsbewerber Eric Swalwell machte jetzt die so aufgewertete Rolle der Präsidententochter zum offiziellen Thema: „Sie hat keinerlei außenpolitische oder diplomatische Erfahrung. Die Bürger verdienen es, von qualifizierten Diplomaten repräsentiert zu werden. Wie wirkt denn das nach außen?“ Chris Cillizza, politischer Kommentator des Senders CNN, bezeichnete die Aktivitäten von Ivanka Trump als „höchst unangemessen“. Der Präsident habe nur durch ein Schlupfloch im Anti-Nepotismus-Gesetz die Verwandten als Berater installieren können. Ein entsprechendes Gesetz war einst verabschiedet worden, nachdem Ex-Präsident John F. Kennedy seinen Bruder Robert als Justizminister eingestellt hatte. Die Vorschriften wurden von Trump 2017 so interpretiert, als würden sie nur für Regierungsbehörden und Ministerien, nicht aber das Weiße Haus selbst gelten. Schon während seiner Karriere als Reality-Fernsehstar („The Apprentice“) hatte Donald Trump stets seine Tochter Ivanka und Sohn Donald jr. in Nebenrollen beschäftigt.

Fest steht, dass sich der Präsident von den zahlreichen Kritikern – die „Washington Post“ sprach jetzt von „surrealen Auftritten“ Ivankas – nicht beeinflussen lassen wird. Die Familiengeschäfte der Trumps und die Einbindung von Tochter und Schwiegersohn in die höchste Politik haben allerdings bereits Vergleiche mit Monarchie-ähnlichen Zuständen provoziert. Und der Vater träumt offenbar bereits davon, dass der Familien-Nachname auch nach seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus weiter die Diskussionen über Washington hinaus prägt. „Wenn Ivanka irgendwann einmal für die Präsidentschaft kandidiert“, so Trump zur Zeitschrift „Atlantic“, „wird sie nur ganz schwer zu schlagen sein.“

FRIEDEMANN DIEDERICHS

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