Mann stößt Bub und dessen Mutter vor Zug

von Redaktion

Achtjähriger stirbt noch am Unglücksort – Täter aus Afrika und Opfer kannten sich nicht

Frankfurt – Hinterhältiges Tötungsdelikt am Frankfurter Hauptbahnhof: Gegen 9.50 Uhr stieß gestern ein Mann aus Eritrea (40) eine Mutter und deren achtjährigen Sohn vor einen einfahrenden ICE auf Gleis 7. Die 40 Jahre alte Mutter konnte sich noch rechtzeitig auf einen Fußweg zwischen den beiden Gleisen retten, der Bub wurde überrollt und starb noch vor Ort. Die Mutter wurde ins Krankenhaus gebracht, über ihren Zustand wurde zunächst nichts bekannt.

Nach Polizeiangaben soll der Täter dann noch versucht haben, eine dritte Person ins Gleis zu stoßen, die sich aber wehren konnte. Danach flüchtete er. Augenzeugen nahmen die Verfolgung auf und konnten ihn nach noch „im Nahbereich des Hauptbahnhofs“ stellen und bis zum Eintreffen der Polizei festhalten.

Am Bahnhof selbst spielten sich dramatische Szenen ab. Viele Augenzeugen des Vorfalls brauchten medizinische Hilfe, einige brachen weinend zusammen. Ein Reisender, der just zur Tatzeit von der angrenzenden Mannheimer Straße in den Hauptbahnhof kam, berichtet: „Es waren Horrorschreie. Und dann sah ich, wie der Täter weglief, und mehrere Leute rannten ihm hinterher.“ Auch die Münchner Journalistin Anna D. war um 10.04 Uhr mit dem ICE aus München angekommen: „Als ich in die verstörten und weinenden Gesichter der Menschen sah, die mir von dem Gleis aus entgegen kamen, wusste ich, dass sie etwas sehr Schreckliches gesehen haben mussten“, berichtet Anna D. „Zuerst hatte es geheißen, das seien spielende Kinder gewesen, die sich gegenseitig geschubst hätten. Später erzählt mir ein Mann, dass jemand versucht habe, eine Mutter und ihr Kind vor den Zug zu stoßen.“

Rettungskräfte waren mit einem Großaufgebot vor Ort. Ein Sprecher der Feuerwehr sprach von „etlichen“ Personen, die der Notfallseelsorge übergeben wurden. Der einfahrende ICE 529 kam aus Düsseldorf und war auf dem Weg nach München. An Bord waren hunderte Passagiere. Der Zug hatte zum Zeitpunkt des Unglücks wegen des nahen Bahnhofs keine volle Fahrt mehr. Er habe dennoch sehr abrupt gebremst, berichtete ein Augenzeuge der „Frankfurter Rundschau“. Die Spitze des Zuges kam im Abschnitt C des Bahnsteigs zum Stehen. Dadurch war der Großteil des ICE außerhalb des Bahnsteigbereichs und viele Passagiere konnten den Zug nur mithilfe der Rettungskräfte verlassen. Es dauerte mehr als zwei Stunden, bis alle Reisenden den Zug verlassen hatten. Der ICE versperrte viele Gleise im Vorfeld des Bahnhofs.

Die Vernehmung des Tatverdächtigen war am späten Nachmittag noch nicht abgeschlossen. Nach ersten Erkenntnissen sollen der 40-Jährige und die beiden Opfer sich nicht gekannt haben. Die „Bild“-Zeitung berichtete unter Berufung auf Ermittlerkreise, dass es sich womöglich um einen Racheakt für die Schüsse auf einen Eritreer im hessischen Wächtersbach gehandelt habe. Dort hatte vergangene Woche ein Rassist auf einen 26-jährigen Familienvater gefeuert. Das Opfer hatte der 55-Jährige, der sich später selbst das Leben nahm, zufällig ausgewählt. Der Afrikaner konnte durch eine Not-OP gerettet werden.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zeigte sich gestern erschüttert. „Es macht fassungslos, dass Mutter und Kind vor einen einfahrenden Zug gestoßen wurden. Die Aufklärung der abscheulichen Tat liegt jetzt in den Händen der zuständigen Behörden.“

Bei dem Tatverdächtigen, der vor gut einer Woche eine Frau im niederrheinischen Voerde vor einen Zug gestoßen und getötet haben soll, gibt es Hinweise auf Kokain-Konsum. Es seien bei ihm Abbauprodukte von Kokain im Blut nachgewiesen worden. „Das heißt aber nicht, dass er konkret unter Kokaineinfluss stand“, sagte der Duisburger Staatsanwalt Alexander Bayer am Montag. Der 28-jährige Tatverdächtige, der wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft sitzt, schweigt weiterhin. OLIVER TEUTSCH

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