Mallorca bangt um seine Zukunft

von Redaktion

Das Coronavirus und die verheerenden Folgen auf der beliebten Urlaubsinsel

Palma – Idylle am Ballermann: Wo sonst Tausende bei Bier und Sangria zu den Klängen von Hits wie „Saufi saufi“ und „Alle Blau“ feiern, hört man dieser Tage nur die Vögel zwitschern. Und die Wellen des Mittelmeeres rauschen. Doch bei Hoteliers, Gastronomen und Händlern schrillen die Alarmglocken. Zum Beispiel bei Joan, der an der Playa einen Souvenirladen betreibt. „So schlimm hätte ich mir die Folgen der Corona-Pandemie niemals vorgestellt“, klagt er. „Wenn das stimmt, dann gute Nacht Playa, dann machen hier 70 Prozent dicht.“

Mit „das“ meint der Mallorquiner die Nachrichten der vergangenen Tage. Die Zentralregierung in Madrid warnte, der Tourismus werde im ganzen Land wohl allerfrühestens Ende des Jahres wieder in Gang kommen. Nach einer Prognose des Branchenverbandes Exceltur wird etwa Mallorca wegen der Pandemie dieses Jahr mehr als 95 Prozent der touristischen Einnahmen einbüßen. Das ist viel Geld: 13,5 Milliarden Euro.

Nicht nur „das 17. Bundesland“, der Deutschen liebste Insel, muss im besonders schwer vom Coronavirus getroffenen Spanien zittern. Dem Tourismussektor im Land drohen Einnahmen in Höhe von insgesamt 124 Milliarden Euro zu entgehen. Aber während der Tourismus zwölf Prozent des Bruttoinlandsprodukts Spaniens ausmacht, sind es für die Balearen 45 Prozent. Fast 20 Prozent aller Erwerbstätigen arbeiten auf Mallorca im Tourismus.

„Hat der Ballermann ausgefeiert?“, fragte in großen Lettern die „Mallorca Zeitung“. Die Party sei vorerst vorbei, für viele Unternehmer gehe es nun „ums nackte Überleben“. Das Wochenblatt zitierte in der jüngsten Ausgabe Christophorus Heufken, der in Artà im Norden der Insel – weit weg vom Ballermann – ein kleines Boutique-Hotel betreibt, mit der Aussage: „Faktisch sind wir pleite!“. Der 61-Jährige aus dem Ruhrgebiet blickt pessimistisch in die Zukunft. Die Unsicherheit beim Thema Reisen werde auch nach Ende der Ausgangsbeschränkungen und der Grenzöffnung für Ausländer lange weiter bestehen, fürchtet er. Genauso sieht es Hotelier-Kollege Harald Strombeck, der im Norden Mallorcas drei Herbergen mit insgesamt 160 Mitarbeitern hat. „Es wird niemand so schnell wieder reisen“. Wegen der Einschränkungen, aus Angst vor Ansteckungen und auch weil vielen Menschen in Spanien, Deutschland und Großbritannien wegen Krise und Kurzarbeit das nötige Geld fehlen werde.

Es sei eine „Katastrophe“, klagt ein Sprecher des Ballermann-Kultlokals „Megapark“, das wie der große Konkurrent „Bierkönig“ dieser Tage die mehrtägigen Saisoneröffnungssausen absagen musste. Das Schicksal dieser „Big Player“, die den Ballermann mit Auftritten von Inselpromis wie Tim Toupet, Mia Julia und Peter Wackel zum Beben bringen, werde für die Zukunft der Playa entscheidend sein, glaubt die „Mallorca Zeitung“. Die linke Regionalregierung rechnet mit einem Rückgang des Bruttosozialprodukts auf den Inseln in allen Bereichen der Wirtschaft von rund 31 Prozent. Das würde einen Verlust von rund 30 Prozent der Arbeitsplätze bedeuten, mehr als 147 000 Stellen dürften im Zuge der Krise in Bereichen wie dem Tourismus, dem Gastgewerbe und dem Transportsektor verloren gehen.

Regionalpräsidentin Fran–cina Armengol will die Branche so schnell wie möglich reaktivieren und fordert unter anderem die Einführung elektronischer Gesundheitspässe in ganz Europa sowie Messungen der Körpertemperatur der Passagiere an Flughäfen und Häfen, um die Einreise von Corona-Infizierten zu verhindern und Einheimischen sowie Reisenden mehr Sicherheit zu bieten.

EMILIO RAPPOLD

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