„Ein Licht, das Italien Hoffnung gibt“

von Redaktion

Nach Einsturz der Morandi-Brücke: Struktur der neuen Brücke von Genua ist fertig

Genua – Beim Bau der neuen Brücke von Genua ist mitten in der Corona-Krise ein Meilenstein erreicht – die schmerzhafte Lücke ist endlich geschlossen. Die Struktur der Autobahnbrücke, die den West- und Ostteil der italienischen Stadt verbindet, ist fertig. Dazu wurde am Dienstag das letzte Deck-Teil in die Höhe gehoben. Regierungschef Giuseppe Conte sagte bei einem Besuch der Baustelle, der Wiederaufbau sei ein „Licht, das Italien Hoffnung gibt“. Die Morandi-Autobahnbrücke war im August vor zwei Jahren eingestürzt, 43 Menschen starben.

Nun müssen noch Fahrbahnen, Beleuchtung, Abwassersysteme, Fahrbahnleitsysteme oben auf der Brücke fertig gemacht werden, die der Stararchitekt Renzo Piano entworfen hat. „Ende Juni, Anfang Juli könnte die Brücke eröffnet werden“, kündigte Genuas Bürgermeister Marco Bucci an. Ungeachtet der Corona-Krise gingen die Arbeiten an der Megabaustelle weiter. „Der Rest des Landes steht still, hier ist es anders. Alles ging weiter, wir arbeiten Tag und Nacht sieben Tage die Woche“, erklärte Bauunternehmer Salini. „Die Brücke ist ein Lauf gegen die Zeit, gegen hässliche Zeiten.“ Es sei ein riesiger Erfolg für das Land, wenn die Brücke bis Juli fertig sei.

Der Einsturz hatte das ganze Land geschockt und ein nationales Trauma ausgelöst. Denn Genua steht für die marode Infrastruktur in ganz Italien. Fehlende Instandhaltung, bröselnde Straßen und Brücken. Dem Autobahnbetreiber Autostrade per l’Italia soll schon lange vor dem Einsturz bekannt gewesen sein, dass es Schäden an der Brücke gab. Bei der Staatsanwaltschaft läuft ein Mammutverfahren gegen mehr als 70 Verdächtige. Zu den Beschuldigten gehört auch das Unternehmen selbst – und zu den Vorwürfen gehört unter anderem mehrfache fahrlässige Tötung. Die mitregierende Fünf-Sterne-Bewegung hatte nach dem Einsturz vollmundig erklärt, dem Autobahnbetreiber – der von der Familie Benetton kontrolliert wird – werde die Konzession entzogen. Bisher ist in der Sache aber vor allem öffentlich gestritten worden. Nicht alle erfüllt die neue Brücke mit Freude. „Zu sehen, wie die neue Brücke entsteht, ist nichts, das uns glücklich macht“, sagte Egle Possetti vom Verband der Opfer der Morandi-Brücke. „Es erfüllt uns mit Qualen, denn sie hätte so gebaut werden können, bevor sie zusammenbrach.“

Ein neuer Brückeneinsturz hat den Menschen erneut eindrücklich klargemacht, dass es um die Infrastruktur in Italien nicht gut bestellt ist. Zwischen La Spezia und Massa Carrara brach Anfang April eine komplette Brücke einer Staatsstraße ein. Es ist vor allem der Corona-Pandemie zu verdanken, dass nur wenige Menschen verletzt wurden: Denn wegen der Ausgangssperren waren kaum Autos auf der normal stark befahrenen Straße unterwegs.

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