Berlin/Athen/Madrid/Rom – Das unbeschwerte Reisen innerhalb Europas wird noch eine Weile nicht möglich sein, doch in den einzelnen Ländern erwacht das öffentliche Leben wieder. Die Spanier durften schon am Wochenende wieder ins Freie zum Sport und zum Flanieren. Zahlreiche europäische Länder lockerten zu Wochenbeginn einige, teils drastische Anti-Corona-Maßnahmen. Allerdings haben viele strikte Vorsichtsregeln weiter Bestand.
Griechenland
Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis hat ein neunwöchiges Lockerungsprogramm angekündigt. Masken werden in allen geschlossenen Räumen und öffentlichen Verkehrsmitteln ab 4. Mai Zwang sein. Wer sich nicht daran hält, muss 150 Euro zahlen. Die Lockerungsphase ähnelt der Deutschlands. Zunächst werden am 4. Mai Friseursalons, Elektrogeschäfte und Buchhandlungen wieder aufmachen. Die Bürger können zudem seit gestern ohne Einschränkungen aus dem Haus gehen. Reisen außerhalb der jeweiligen Präfektur – das entspricht in etwa einem Landkreis in Deutschland – sind aber vorerst nicht erlaubt. Auch das Reisen vom Festland zu den Inseln ist vorerst nicht gestattet. Im Juni sollen stufenweise die Hotels wieder öffnen. Anfang des Monats sind die ganzjährig geöffneten Häuser dran, am Ende die Saisonbetriebe. Das größte Problem bleibt aber der Tourismus aus dem Ausland. Bislang ist unklar, wann die Flüge innerhalb Europas wieder starten werden. Und auch, wenn Griechenland seine Grenzen für Urlauber im Sommer öffnen sollte, ist nach wie vor unklar, wie lange die deutschen Reisewarnungen gelten werden.
Griechische Hoteliers haben bereits Alarm geschlagen: 65 Prozent von ihnen fürchten, dass ihre Unternehmen bankrott gehen werden. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage, die das Tourismus-Forschungsinstitut der Hotelkammer Griechenlands bereits Anfang April vornahm. Der Präsident des Verbandes der griechischen Reiseagenturen, Apostolos Tsilidis, bezifferte die Verluste des Tourismusbereichs für Griechenland auf bis zu 22 Milliarden Euro.
Italien
Nach fast zwei langen Monaten lockerte Italien die Ausgangssperren, die zu den strengsten in Europa gehörten. Seit gestern dürfen rund 60 Millionen Menschen erstmals wieder zum Sport oder Spaziergang nach draußen. Industrie und Bauwirtschaft fahren ihre Produktion wieder hoch. Allerdings bleiben die meisten Geschäfte noch zu. Restaurants und Bars dürfen nur einen Liefer- oder Take-Away-Service anbieten und bleiben bis Juni für Besucher geschlossen.
Spanien
Der einstige Corona-Hotspot meldet spektakuläre Erfolge: Am Sonntag wurden im ganzen Land nur noch 164 Neuinfektionen registriert und keine mehr auf den Balearen und in Valencia. Nach der ersten Lockerung der Ausgangssperre nach 48 Tagen herrschte Partystimmung. Noch bis kurz vor Mitternacht strömten die Menschen am Samstag zahlreich und ausgelassen ins Freie. Erstmals seit Mitte März durften die knapp 47 Millionen Bürger aus dem Haus, um spazieren zu gehen oder Sport zu treiben. Es gelten aber weiter bestimmte Ausgeh- und Distanzregeln.
Österreich
Seit gestern sind Besuche in Alten- und Pflegeheimen eingeschränkt möglich. Zudem beginnt für rund 100 000 Schüler der Abschlussklassen der reguläre Unterricht. Nach dem Stufenplan der Regierung sind danach Mitte Mai die Grundschulen und Unterstufen dran; alle anderen folgen Anfang Juni. Im Land sind inzwischen alle Geschäfte und fast alle Dienstleister wieder geöffnet. Am 15. Mai folgen die Restaurants, Ende Mai Hotels. Doch Hygieneregeln gelten weiter, wie ein Mindestabstand und das Tragen von Mund-Nasen-Schutz in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln.
Frankreich
Frankreich will die strengen Ausgangsbeschränkungen erst vom 11. Mai an lockern. Das Tragen von Schutzmasken in öffentlichen Verkehrsmitteln soll dann zur Pflicht werden. Geschäfte sollen von diesem Termin an wieder öffnen können. Restaurants oder Cafés werden aber weiter geschlossen bleiben; auch Strände sind für Besucher und Sportler bis mindestens 1. Juni tabu. Gesundheitsminister Olivier Véran warnte am Sonntag zugleich, dass der Termin 11. Mai wackeln könnte, falls die Pandemie bis dahin nicht ausreichend eingedämmt sei. Auch dämpfte Véran in der Zeitung „Le Parisien“ die Hoffnung mit Blick auf die Sommerferien. Er wisse noch nicht, ob die Strände wieder öffnen könnten. Er würde sich persönlich auch kein Flugticket kaufen.
Belgien
Am Montag hat die erste Phase der Lockerung der Auflagen in Belgien begonnen. Busse und Bahnen fuhren wieder, dabei gilt eine Masken-Pflicht für Personen ab zwölf Jahren. Öffnen dürfen Unternehmen, die als Kunden andere Firmen haben, aber keine Privatpersonen bedienen. Auch Stoff- und Kurzwarenläden dürfen aufmachen. Andere Geschäfte jenseits des Lebensmittelhandels sollen noch eine Woche zu bleiben. Sport ist unter Einhaltung der Distanzregeln wieder mit zwei Personen erlaubt, die nicht im eigenen Haushalt wohnen. Das Arbeiten zu Hause soll aber die Regel bleiben, und die Menschen sollen ihr Haus nur selten verlassen.
Polen
Polnische Bürger, die in Deutschland, der Slowakei, Tschechien oder Litauen arbeiten oder studieren, müssen seit gestern bei einer Rückkehr nach Polen nicht mehr für 14 Tage in Quarantäne. Für medizinisches Personal und Menschen, die in Pflegeeinrichtungen tätig sind, gilt die Quarantäne-Regelung aber weiter. Hotels, Einkaufszentren und Sportplätze unter freiem Himmel sollen wieder öffnen.
Dänemark
Dänemark hat als erstes Land Europas seine Schulen bis zur fünften Klasse und Kindergärten schon seit dem 15. April wieder geöffnet. Dies hat zu einer leichten Erhöhung von Ansteckungen geführt. Dennoch sinkt die Neuinfektionsrate insgesamt. Kommende Woche soll die Wiedereröffnung von Einkaufszentren, Cafés, Restaurants und die Wiederöffnung der Schulen für ältere Kinder und Jugendliche diskutiert werden. dpa, anw, cjm