„Ich kann nicht atmen“

von Redaktion

Schwarzer Verdächtiger stirbt in den USA nach brutalem Polizeieinsatz

Minneapolis – Wieder ein schockierendes Video aus den USA: Ein weißer Polizist in Minneapolis drückt sein Knie mehrere Minuten lang an den Hals eines schwarzen Verdächtigen, der wiederholt um Hilfe fleht, bevor er das Bewusstsein verliert. Der Afroamerikaner starb kurz danach in einem Krankenhaus. Die Polizei Minneapolis teilte mit, der Vorfall werde nicht nur intern, sondern auch von der Bundespolizei FBI untersucht.

„Es sollte in Amerika kein Todesurteil sein, schwarz zu sein“, sagte der Bürgermeister von Minneapolis, Jacob Frey, in einer emotionalen Pressekonferenz. Die vier in den Fall involvierten Polizisten seien mit sofortiger Wirkung entlassen worden. Was die Videos des Vorfalls vom Montagabend zeigten, sei „in jeder Hinsicht falsch“. Frey forderte, der Polizeibeamte müsse festgenommen und angeklagt werden. „Wieso ist der Mann, der George Floyd getötet hat, nicht im Gefängnis?“ fragte er Journalisten. „Wenn Sie es getan hätten oder ich es getan hätte, wären wir jetzt hinter Gittern.“

Auch in Washington äußerten sich mehrere Abgeordnete und Senatoren entsetzt. Was Floyd widerfahren sei, müssten schwarze Amerikaner „seit Generationen“ ertragen, erklärte etwa die demokratische Senatorin Kamala Harris. Handyvideos hätten dies nur sichtbarer gemacht. „Der Abbau von systemischem Rassismus beginnt damit, Gerechtigkeit zu fordern und Täter zur Rechenschaft zu ziehen“, schrieb sie auf Twitter. Der designierte Präsidentschaftskandidat der Partei, Joe Biden, erklärte: „George Floyd hatte Besseres verdient. Und seine Familie verdient Gerechtigkeit.“

Die Polizei erklärte, die Beamten seien an den Ort gekommen, um einen Betrugsfall zu untersuchen. Der gut 40 Jahre alte Verdächtige habe Widerstand geleistet. „Die Beamten konnten den Verdächtigen in Handschellen bekommen und stellten fest, dass er medizinische Hilfe zu brauchen schien.“ Sie hätten daher einen Krankenwagen gerufen. Es blieb unklar, ob der Mann schon vor dem Vorgehen der Polizisten medizinische Hilfe gebraucht hätte.

Ein zehn Minuten langes Video, das auf Facebook bis Dienstag rund 700 000 Mal angesehen worden war, zeigt, wie ein weißer Polizist auf dem Hals des Mannes kniet. Anfangs spricht dieser noch und sagt wiederholt: „Ich kann nicht atmen“. Er fordert die Beamten mehrfach auf, ihn loszulassen. Er sagt ihnen auch zu, dann freiwillig ins Polizeiauto einzusteigen. „Ich kann nicht atmen“, wiederholt er. Ein Passant fordert die Polizisten wiederholt auf, den Verdächtigen loszulassen. Der Mann am Boden wird dann zunehmend ruhiger, bevor er das Bewusstsein zu verlieren scheint. „Messt seinen Puls“, schreit ein Passant. Sanitäter laden den Mann etwa acht Minuten nach Beginn des Videos in einen Krankenwagen.

Auf den Straßen von Minneapolis forderten am Dienstag hunderte Demonstranten Gerechtigkeit. Wie örtliche Medien berichteten, kam es nach einer zunächst friedlichen Versammlung später auch zu Zusammenstößen mit der Polizei.

In den USA kommt es immer wieder zu aufsehenerregenden Fällen von Polizeigewalt gegen Schwarze. Das jüngste Beispiel erinnert an den ebenso auf Video festgehaltenen Fall Eric Garner. Der damals 43-Jährige wurde 2014 von New Yorker Polizisten zu Boden geworfen; sie drückten ihm die Luft ab, später starb er im Krankenhaus. Garners letzte Worte – „Ich kann nicht atmen“ – wurden zu einem Slogan der Bewegung „Black Lives Matter“. JÜRGEN BÄTZ

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