Gera – Auf das Beziehungs-Aus folgten die Drohungen: Ein Hauptfeldwebel der Bundeswehr soll eine Kameradin mit der Weitergabe von Intimfotos an ihren Partner gedroht und Sex von ihr verlangt haben. Dazu kam es dann laut Anklage im Keller des Stabsgebäudes der Geraer Pionierkaserne. Seit gestern muss sich der 46-Jährige wegen sexueller Nötigung und Vergewaltigung vor dem Amtsgericht Gera verantworten. Am ersten Verhandlungstag hüllte er sich zu den Vorwürfen in Schweigen. Auch gegenüber einer anderen Soldatin soll er übergriffig geworden sein. Der 46-Jährige ist eigenen Angaben nach wegen der Vorfälle von 2017 vorläufig vom Dienst suspendiert.
In den vergangenen Jahren sind vermehrt Verdachtsfälle auf sexuelle Übergriffe innerhalb der Bundeswehr gemeldet worden. Wurden 2014 noch 64 bekannt, waren es im vergangenen Jahr 345, wie die Wehrbeauftragte des Bundestages Eva Högl mitteilte. Dieses Jahr zeichne sich ein Rückgang ab – bisher seien es 131. Högl: „Dies könnte coronabedingt sein: vermehrtes Homeoffice, keine Feiern mit Alkohol.“ Und nicht in jedem Fall bestätigt sich der Verdacht.
Gegen den Hauptfeldwebel hatte es schon ein Disziplinarverfahren wegen sexueller Belästigungen gegeben. Daraufhin wurde er versetzt. Fragen warfen aber auch Chat-Nachrichten der beiden Frauen auf, die durchaus „sexuell stimulierend“ gedeutet werden könnten, wie Richter Siegfried Christ sagte. Gibt es in der lange männlich dominierten Bundeswehr Strukturen, die solche Übergriffe begünstigen? Högl sieht das nicht. „Feststellen kann man lediglich, dass es bei erhöhtem Alkoholkonsum – wie auch im Rest der Gesellschaft – zu vermehrten sexuellen Belästigungen kommt“, erklärte sie. „Außerdem werden viele Taten in oder nach einer Beziehung verübt.“ Generell gebe es in der Bundeswehr in vielen Bereichen einen sensibleren Umgang mit Vorwürfen der sexuellen Belästigung. Högl: „Heute werden solche Vorkommnisse grundsätzlich gemeldet, auch dürfte die Anzeigenbereitschaft der Betroffenen höher sein.“