Bramsche – Das Varusschlachtmuseum in Bramsche-Kalkriese bei Osnabrück feiert einen „Jahrhundertfund“: Archäologen haben auf dem Gelände rund um das Museum einen römischen Schienenpanzer entdeckt. Die aus etwa 30 Eisenschienen bestehende Rüstung für den Oberkörper stamme aus augusteischer Zeit um Christi Geburt und sei nahezu vollständig erhalten, sagte Geschäftsführer Stefan Burmeister am Freitag. Der sensationelle Fund erlaube neue Einblicke in die römische Militärtechnik. „Er ist der weltweit älteste und der einzig erhaltene römische Schienenpanzer“, sagte Burmeister. Auf dem Schlachtfeld am Teutoburger Wald haben sich Teile der Varusschlacht im Jahre 9 nach Christus oder einer anderen Schlacht zwischen Römern und Germanen abgespielt.
Schienenpanzer seien von zahlreichen antiken Figuren bekannt, erläuterte Burmeister. Einzige Referenzobjekte seien bislang jedoch sechs Hälften von Schienenpanzern gewesen, die 1964 im englischen Corbridge gefunden wurden. Sie seien allerdings nur unvollständig erhalten und stammten aus dem 2. Jahrhundert nach Christus, seien also deutlich jünger. Der etwa zur Hälfte freigelegte Kalkrieser Schienenpanzer lässt nach den Worten des Archäologen den Schluss zu, dass die damalige Bauweise sehr viel solider, aufwendiger und hochwertiger gewesen sei, als bisher angenommen. „Wir hoffen jetzt, dass wir im weiteren Verlauf noch auf Kampf- oder Verletzungsspuren stoßen, sodass wir mögliche Kampftechniken rekonstruieren können.“
Grabungstechniker haben den Kalkrieser Schienenpanzer laut Burmeister 2018 bei Arbeiten an einer Wallanlage eher zufällig entdeckt. Damals sei jedoch nur klar gewesen, dass es sich um einen großen metallischen Gegenstand handele. Dieser sei in einem Erdblock geborgen worden. Erst eine Computertomografie habe die ineinander verschachtelten Platten sichtbar werden lassen.
In einem aufwendigen Forschungsprojekt legen derzeit zwei Restauratorinnen die Einzelteile der Platten sowie Scharniere, Spangen, Nieten und sogar Reste von Lederriemen nach und nach frei. Sie fügen die noch wenig spektakulär anmutenden und stark korrodierten Einzelteile zusammen und restaurieren den gesamten Panzer.
Im direkten Umfeld sei zudem eine sogenannte Halsgeige gefunden worden, eine eiserne Fessel für Hals und Hände, berichtete Burmeister. Beide Fundstücke wiesen darauf hin, dass an dieser Stelle wahrscheinlich ein gefesselter Legionär sein Ende gefunden habe, sagte der Archäologe. Denkbar sei, dass die siegreichen Germanen an dieser Stelle einen Kriegsgefangenen nach einem speziellen Ritus geopfert haben. epd