Madrid – Erneut erregt eine missglückte Restaurierung in Spanien die Gemüter von Kunstexperten. Diesmal ist eine Skulptur aus dem frühen 20. Jahrhundert an der Fassade eines Bürogebäudes in Palencia (Kastilien) betroffen. Der regional bekannte Künstler Antonio Capel veröffentlichte auf Facebook Vorher-Nachher-Bilder von dem Werk.
Die ursprünglich filigrane Arbeit zeigte eine Magd, die wohlgemut auf den Bürgersteig herablächelte. Nach dem Eingreifen eines unbekannten Hobby-Restaurators gleicht ihr entstelltes Gesicht nun dem eines Schneemanns: ausdruckslose Löcher, wo früher Augen waren. Dazu eine kartoffelförmige Nase und ein Schlitz als Mund. „Am meisten Schuld trägt die Person, die das in Auftrag gegeben hat“, kommentiert Experte Capel das Ergebnis.
In den vergangenen Tagen griffen mehrere Zeitungen das Thema auf. In den sozialen Netzwerken weltweit kursieren inzwischen allerhand Fotos von der restaurierten Figur. Die Reaktionen fallen einhellig aus. „Madre mia!“, schrieb ein empörter Twitter-Nutzer. Ein anderer meinte: „Was für eine Schande!“ Auch der Spanische Restauratorenverband (ACRE) meldete sich mit einem Tweet zu Wort. Er betonte – begleitet von einem abwärts zeigenden Daumen-Emoji: „Das ist kein professioneller Eingriff.“
Der Fall weckt Erinnerungen an eine verpatzte Restaurierung eines Jesus-Freskos, die 2012 weltweit für Schlagzeilen und Häme sorgte. Der Versuch der damals 80-jährigen Amateur-Restauratorin Cecilia Giménez, eine Wandmalerei der Kapelle in Borja bei Saragossa aus dem 19. Jahrhundert auszubessern, endete mit der Zerstörung des Abbilds Christi. Belustigte Medien tauften seinerzeit das Bild von „Ecce homo“ (wie die Darstellung des dornengekrönten Christus in der Kunst heißt) auf „Ecce mono“ („Affen-Jesus“) um. Ein Lokalreporter, der zunächst von Vandalismus ausging, fotografierte den entstellten Heiland und untertitelte das Bild mit den Worten: „Das verzeiht nicht einmal Jesus“.
Aber nicht alle finden solche Verschlimmbesserungen lustig. Sie „kommen leider viel häufiger als angenommen vor“, klagte die Koordinatorin des spanischen Restauratoren-Verbandes ACRE, María Borja Ortiz. „Es gibt unzählige Fälle, bei denen Personen ohne ausreichende Ausbildung Kunstwerke für immer und ewig zerstören.“
Aus der Not machte die Ortschaft Borja derweil eine Tugend. Der „Ecce mono“ wurde auch dank Marketing-Aktionen zur großen Touristen-Attraktion. Das verunstaltete Bild ziert T-Shirts und Tassen. Zwischen 2013 und 2018 besuchten mehr als 200 000 Touristen aus dem In- und Ausland das 4900-Seelen-Dorf in Aragonien. Die Besucher zahlen sogar Eintritt, um ein Selfie mit dem „Affen-Jesus“ machen zu dürfen. Die kommunale Stiftung, der die Kirche Santuario de Misericordia in Borja untersteht, verlangte einen Euro pro Person. An den Einnahmen wurde dann auch Cecilia Giménez beteiligt.