Lüttich – Weinende Menschen liegen sich in der Rue Saint-Gilles im belgischen Lüttich in den Armen. Sie legen Blumen vor dem kleinen Friseursalon „Hooters cutting“ nieder – und trauern um Alysson Jadin.
Die junge Friseurin wurde nur 24 Jahre alt. Am vergangenen Montag traf sie die verzweifelte Entscheidung, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Corona und der belgische Lockdown hatten ihre Träume zerstört, sie an die Grenzen ihrer finanziellen Belastbarkeit gebracht.
Alysson Jadins großer Traum – das war immer ihr Friseursalon, den sie erst Mitte August in ihrer Heimat Lüttich eröffnet hatte und auf den sie so stolz war. „Ihr Laden“, wie sie ihr kleines Geschäft gerne nannte, bedeutete ihr alles. Sie hatte davon geträumt, seit sie ein kleines Mädchen gewesen war, wie belgische Medien berichteten. Und sie hatte gesagt, man müsse auch in diesen Zeiten noch was wagen.
Doch dann kam der zweite Lockdown in Belgien: Dort sind seit Anfang des Monats die meisten Läden geschlossen. Restaurants, Cafés und Bars sind ebenso dicht wie Friseure, Massage- und Schönheitssalons. Ausnahmen gibt es nur für lebensnotwendige Geschäfte. Nachts gelten Ausgangssperren. Jeder Haushalt darf nur eine Person pro Woche empfangen; bei Singles sind es zwei – aber nicht zeitgleich.
Auch für Alysson Jadin bedeutet die Entscheidung: Sie musste ihr Geschäft wieder schließen. Über ihre finanziellen Probleme hat die junge Frau in den folgenden Wochen mit mehreren Medien gesprochen. Anspruch auf finanzielle Unterstützungsprogramme soll die 24-Jährige demnach wohl nicht gehabt haben. Und auch ihre Rücklagen waren allesamt aufgebraucht.
In Lüttich stehen die Menschen nach dem Tod der jungen Frau unter Schock. Die Gefühle der Trauernden liegen zwischen Unverständnis, Traurigkeit und Wut. Für viele ist Jadin schon jetzt eine Symbolfigur, für all jene, die während des Corona-Lockdowns um ihre Existenz bangen müssen.
In einer emotionalen Botschaft trauern auch die Mutter und die Schwester der Friseurin – aber sie betonen unter Tränen: „Alysson war eine Kämpferin.“ cjm
Menschen mit starken persönlichen Belastungen können zu Depression und zu Suizidalität neigen. Wer selbst an Suizid denkt oder gefährdete Menschen kennt, sollte umgehend ärztliche Hilfe aufsuchen. Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr und kostenfrei unter Tel. 0800 – 1110111 erreichbar.