Kanaren werden zum Flüchtlings-Hotspot

von Redaktion

Inseln fürchten griechische Verhältnisse – Auffangcamp auf Gran Canaria ein „Lager der Schande“

Madrid / Las Palmas – Weil sich die Kanarischen Inseln zum neuen Flüchtlings-Hotspot in Europa entwickeln, gibt es zunehmend Ärger zwischen Madrid und der Regionalregierung. Madrid lehnt es ab, afrikanische Migranten auf das Festland auszufliegen, um die Anreize für die gefährliche Überfahrt in Richtung EU nicht weiter zu verstärken. Zwar hat die spanische Regierung den Aufbau neuer Flüchtlingscamps auf den Kanarischen Inseln angekündigt, doch sind die bei Touristen sehr beliebten Inseln im Atlantik schon jetzt mit der Flüchtlingswelle überfordert und befürchten „griechische Verhältnisse“.

Migrationsminister Jose Luis Escriva hat neue provisorische Aufnahmelager für rund 7000 Menschen versprochen. Allein im Erstaufnahmelager des Roten Kreuzes in Arguineguin bei Mogan im Süden von Gran Canaria befinden sich derzeit 1300 Personen, obwohl das Camp – im Staatsradio als „Lager der Schande“ betitelt – nur für 500 Menschen ausgelegt ist. 5500 Migranten wurden in nahen Hotels untergebracht, die wegen der Corona-Pandemie leer stehen. Auf Gran Canaria landen derzeit fast 65 Prozent aller illegalen Migranten. In diesem Jahr kamen insgesamt bereits 18 300 Flüchtlinge auf die Inseln vor der Küste Westafrikas, die Hälfte allein in den vergangenen vier Wochen. Die Lage spitzte sich zuletzt dramatisch zu: In Arguineguin hielten sich auf der kleinen Hafenmole mehr als 2000 Menschen auf. Weil die Zelte nicht für alle reichten, mussten viele Menschen auf dem Steinboden schlafen. Mit Corona infizierte Ankömmlinge konnten nur unzureichend isoliert werden.

„Allein schaffen wir das nicht“, sagte Regionalpräsident Ángel Víctor Torres. Wenn man in Madrid die Absicht habe, die Migranten einfach auf den Kanaren zu lassen, dann sei mit dem Widerstand des Regionalparlaments und der Gesellschaft zu rechnen. „Hier spielt sich ein humanitäres Drama ab. Die Kanarischen Inseln dürfen kein Käfig sein“, sagte auch Ana Oramas, eine kanarische Abgeordnete im Madrider Parlament. Die neuen Aufnahmelager werden auf Grundstücken des Verteidigungsministeriums auf Gran Canaria, Teneriffa und Fuerteventura errichtet, wie es weiter hieß. Spanien hat mit verschiedenen westafrikanischen Ländern Rückführungsabkommen geschlossen. Diese wurden aber wegen der Grenzschließungen aufgrund der Pandemie ausgesetzt und provozierten den großen Flüchtlingsandrang auf die Kanaren. Die meisten Bootsflüchtlinge stammen aus Marokko, dem Senegal, Mali und Mauretanien.

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