New York – Ob gemeinsames Truthahn-Festessen oder langersehntes Wiedersehen mit von nah und fern angereisten Verwandten und Freunden: Thanksgiving gehört in den USA traditionell zu den bedeutendsten, beliebtesten und betriebsamsten Feiertagen. In diesem Jahr aber fällt das Erntedankfest am Donnerstag mit teils dramatisch steigenden Coronavirus-Zahlen zusammen. Die Behörden raten von Reisen und Familienbesuchen dringend ab – und auch die traditionelle Parade in New York muss sich anpassen.
Zu Hause und nur mit Menschen aus dem eigenen Haushalt solle in diesem Jahr gefeiert werden, rät die US-Gesundheitsbehörde CDC. Das sei zwar keine Vorschrift, aber eine „starke Empfehlung“, sagt CDC-Manager Henry Walke angesichts der zuletzt wieder stark gestiegenen Coronavirus-Zahlen. Seit Beginn der Pandemie starben in den USA mehr als eine Viertelmillion Menschen nach einer Infektion mit dem Erreger Sars-CoV-2 – mehr als in jedem anderen Land der Welt. Insgesamt haben sich in dem Land mit rund 330 Millionen Einwohnern mehr als zwölf Millionen Menschen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert.
Die Feierlichkeiten rund um das Erntedankfest gehörten zu den „großartigen Traditionen unseres Landes“, sagt Walke. Mit Blick auf die Pandemie befänden sich die USA aber in einer „kritischen Phase“ und einer „schweren Zeit“. Schon nach den Feiertagen Memorial Day im Mai und Labor Day im September seien die Zahlen jeweils in die Höhe geschnellt, das müsse diesmal unbedingt verhindert werden. „Wenn du jemanden liebst, dann sage ihm: ,Ich liebe dich so sehr, dass ich dich dieses Thanksgiving nicht besuchen kommen werde‘“, rät New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo – und beschränkte kurz vor dem Fest Treffen in Privathäusern in dem von ihm regierten Bundesstaat auf maximal zehn Teilnehmer. Mehrere andere Gouverneure und Bürgermeister äußerten sich ähnlich. So sind beispielsweise in Nashville im Bundesstaat Tennessee nur noch acht Teilnehmer bei Treffen in Privathäusern erlaubt.
New Jerseys Gouverneur Phil Murphy forderte dazu auf, die Zahl der Festmahl-Teilnehmer unbedingt „einstellig“ zu halten. Der von vielen Experten kritisierte Radiologe Scott Atlas dagegen, der den noch amtierenden US-Präsidenten Donald Trump zum Coronavirus berät, sprach sich gegen die „Isolierung“ von Menschen aus.
Einer Umfrage der Ohio State University zufolge hatten rund 40 Prozent der Amerikaner zumindest vorläufig geplant, an einem Thanksgiving-Fest mit zehn oder mehr Menschen teilzunehmen. Rund ein Drittel plante dabei nicht mit Masken.
Forscher des Georgia Institute of Technology und der Stanford University rechneten unterdessen vor, dass die Chance, dass bei einem solchen Thanksgiving-Festmahl ein mit dem Coronavirus infizierter Teilnehmer mit dabei sei, in manchen Gegenden der USA bei mehr als 99 Prozent liege. In den USA ist die Zahl der binnen eines Tages verzeichneten Corona-Toten am Dienstag auf den höchsten Stand seit Anfang Mai gestiegen: die Behörden meldeten 2146 Tote mit einer bestätigten Coronavirus-Infektion. CHRISTINA HORSTEN