London/Stockholm – Schwedische und britische Wissenschaftler haben nach eigener Aussage eine Methode zur Vorhersage einer Alzheimer-Erkrankung entwickelt. Anhand von Blutanalysen könne die Krankheit bereits Jahre vor dem Auftreten erster Symptome erkannt werden, schrieben sie am Montag in der Fachzeitschrift „Nature Aging“. Dabei werde das Blut der Patienten auf bestimmte Proteine untersucht.
Obwohl die Hintergründe von Alzheimer noch nicht vollständig erforscht sind, gehen Experten davon aus, dass die Krankheit durch eine Anhäufung von Proteinen im Gehirn ausgelöst wird. Es wird angenommen, dass diese zur Zerstörung von Nervenzellen beitragen. Einige dieser Proteine lassen sich im Blut nachweisen. Der Gehalt dieses Proteins ändert sich bereits 20 Jahre, bevor die ersten Symptome der Krankheit erkennbar sind.
Basierend auf dieser Erkenntnis entwickelten die Wissenschaftler ein Modell, anhand dessen sie das Risiko einer Erkrankung mit Alzheimer vorhersagen wollen. Dazu werteten sie Blutproben von mehr als 550 Patienten mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen aus. Den Angaben zufolge gelang in 88 Prozent der Fälle eine korrekte Vorhersage über ein mögliches Auftreten von Alzheimer innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren.
Experten bezeichneten die Methode als möglichen Durchbruch im Kampf gegen die Demenzerkrankung. Der Professor für Neurologie an der Universität Oxford, Musaid Husain, sagte am Montag, die Studie könnte ein wichtiger Schritt „zu einer früheren Diagnose sein, ebenso wie zur Erprobung neuer Therapien in früheren Stadien der Krankheit“.
Vor zwei Wochen hatten auch mehrere Forscher um den Tübinger Hirnforscher Mathias Jucker Ergebnisse präsentiert, wonach Alzheimer-Mäuse, die noch vor Auftreten der bisher bekannten Protein-Ablagerungen mit dem identifizierten Antikörper behandelt worden seien, hätten später nur die Hälfte der sonst üblichen Ablagerungen aufgewiesen. „Das Gehirn der Mäuse war am Ende zu 50 Prozent weniger geschädigt“, sagte Mathias Jucker.
Weltweit leiden rund 50 Millionen Menschen an Alzheimer, der häufigsten Form von Demenz. Die Krankheit zerstört nach und nach Hirngewebe und nimmt den Betroffenen ihre Erinnerungen.
Mit zunehmender Lebenserwartung erkranken Menschen immer häufiger an Demenz.Die Zahl der Menschen mit Demenz in Deutschland wird neuen Schätzungen zufolge bis 2050 erheblich steigen. Während 2018 knapp 1,6 Millionen Menschen in der Bundesrepublik mit einer Demenzerkrankung lebten (1,9 Prozent der Bevölkerung), gehen die Experten von Alzheimer Europe von einem Anstieg auf 2,7 Millionen im Jahr 2050 aus (3,4 Prozent). Die gute Nachricht: Über die meisten Altersgruppen hinweg erkrankten weniger Männer und auch Frauen an Demenz als noch in vorherigen Hochrechnungen erwartet: Der neuen Schätzung zufolge europaweit etwa eine Million Menschen weniger.