Jetzt auch noch Corona – der tiefe Fall des Rudy Giuliani

von Redaktion

New York – Es gab einmal eine Zeit, da zählte Rudolph „Rudy“ Giuliani zu den am meisten bewunderten Persönlichkeiten in den USA. Zunächst zeigte sich der heute 76-Jährige als Bürgermeister von New York als knallharter Vertreter von Recht und Ordnung – und schaffte es während seiner Amtszeit von 1994 bis 2001, die Kriminalitätsrate im „Big Apple“ deutlich zu senken. Am 11. September 2001 marschierte er dann kurz nach den Terrorattacken auf das „World Trade Center“ mit Schutzmaske durch die noch rauchenden Trümmer des Wahrzeichens – und versicherte wenig später den Bürgern und auch einer in Schockstarre verharrenden Nation, man werde sich nicht unterkriegen lassen.

Doch vom einst hohen Ansehen Giulianis ist heute nicht mehr viel übrig geblieben. Und eng lässt sich der tiefe Fall des Juristen mit der Person Donald Trumps verknüpfen. Denn seit Giuliani die Rolle des Leibanwaltes des US-Präsidenten übernahm, bei der er jetzt die Speerspitze im Kampf gegen den von Trump viel beklagten angeblichen Wahlbetrug bildet, ging es mit ihm bergab. Der vorläufige Tiefpunkt seiner Karriere und seines Lebens: Seit dem Wochenende liegt er, positiv mit dem Coronavirus diagnostiziert, in einer Klinik in Washington. Aufgrund seines Alters gilt er als überdurchschnittlich gefährdet.

Doch das hatte Giuliani in den letzten Monaten ignoriert. Fast immer war er – wie auch sein Chef Trump – ohne Maske unterwegs. Noch am Donnerstag hatte er im Bundesstaat Georgia, wo im Januar wichtige Stichwahlen für zwei Senatssitze stattfinden, ohne Maske zu Abgeordneten geredet. Und bei einem Auftritt in Michigan, wo er ebenfalls für die These von breit angelegtem „Wahl-Diebstahl“ durch die Demokraten warb, lehnte er nicht nur eine Schutzmaske ab, sondern bedrängte auch bei einer Anhörung eine Zeugin, sich ihrer Maske zu entledigen. Die Frau weigerte sich, sehr zum Ärger Giulianis.

Am Sonntag hatte der US-Präsident die Erkrankung seines Anwalts über Twitter verkündet und ihm dort auch gute Besserung gewünscht. Was dann folgte, klang fast schon wie ein Nachruf. Giuliani habe „unermüdlich“ an rechtlichen Herausforderungen für die Wahlergebnisse gearbeitet, formulierte Trump weiter. Doch die Art und Weise, wie der New Yorker dies bisher praktizierte, trug erheblich zum Rufschaden des Mannes bei, der Berichten zufolge für seine Dienste von Trump angeblich 20 000 US-Dollar pro Tag verlangt haben soll. Vor allem ein Auftritt vor einem Bundesrichter im Bundesstaat Pennsylvania geriet Giuliani, der das letzte Mal vor 30 Jahren als Anwalt argumentiert hatte, nicht zum Vorteil. Ein Korrespondent des Sender CNN bilanzierte die Leistung des Juristen während des sechsstündigen Termins anschließend so: Er habe immer wieder Mühe mit seinen rechtlichen Behauptungen zum Wahlbetrug gehabt, Fragen des Richters meist ausweichend und verallgemeinernd beantwortet sowie seine Thesen nicht überzeugend mit Fakten unterfüttern können.

Und dann gab es noch eine Pressekonferenz, deren Bilder anschließend um die Welt gingen. Denn Giuliani redete sich bei dem Termin so in Rage, dass ihm – heftig schwitzend – dann die aufgesprühte braune Haarfarbe von der Stirn zum Kinn herunterlief. Wochen zuvor war der neueste Streifen des Komikers Sacha Baron Cohen („Borat“) angelaufen, in der Giuliani ebenfalls – nichts ahnend und ungewollt – eine Rolle spielt. Eine junge Blondine, angeblich eine Reporterin, interviewt den Trump-Helfer vor versteckten Kameras in einer Hotelsuite. Zum Ende des Termins bittet die attraktive Frau – die Borats Tochter in dem Film darstellt – Giuliani zu einem Drink ins Schlafzimmer, wobei der dreifach Geschiedene sich schnell aufs Bett fallen lässt und deutlich erkennbar vorn tief in den Hosenbund greift. Später hieß es aus dem Umfeld des so peinlich Ertappten, dieser habe sich doch nur das Hemd wieder in die Hose stecken wollen. Doch der Schaden war angerichtet, zumal die Aufnahmen diese Version nicht stützen. Die Szene wird dann von Borat unterbrochen, der ins Zimmer stürzt. Und zu dem Ex-Bürgermeister, der 2008 sogar selbst Präsident werden wollte, sagt: „Sie ist 15. Sie ist zu alt für Dich.“

Die Lacher hatte dabei nur einer auf seiner Seite – und es war nicht Rudolph Giuliani.

FRIEDEMANN DIEDERICHS

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