München/Wien – Die Lage ist ernst – Österreich verlängert den strengen Lockdown bis zum 7. Februar. Unfreiwillig für Lacher sorgt aber seit einer Woche eine 37-Jährige, die noch bis vor Kurzem als politisches Talent galt: Unsinniges Kauderwelsch, viele unverändert aus anderen Texten übernommene Abschnitte und peinliche Übersetzungspannen kosteten Christine Aschbacher bereits ihren Ministerposten (wir berichteten).
Doch wächst auch die Empörung. Österreich fragt, wie es dazu kommen konnte, dass Aschbachers Diplomarbeit an der FH Wiener Neustadt mit der Note „Sehr gut“ bewertet wurde. Die Medien im Titel-versessenen Österreich spekulieren, wie es zusammenpasst, dass solche Arbeiten wie die von Aschbacher im Jahr 2006 einfach durchrutschen konnten, aber die Regierung künftig an Universitäten mehr Leistungsdruck will.
Denn die Regierung will die Studierenden zur Eile treiben und plant, dazu das Universitäts-Gesetz (UG) zu ändern. Konkret sollen mehr Pflichtprüfungen in den ersten vier Semestern bestanden werden müssen, wer das nicht schafft, soll zehn Jahre vom Studium ausgeschlossen werden. Studenten organisierten in der vergangenen Woche Proteste gegen diese Pläne der Regierung um Sebastian Kurz – der übrigens sein Studium nach mehreren Semestern abgebrochen hatte. Die Studierenden kritisieren, dass einige Mitglieder der Regierung ihr Studium unter den geplanten verschärften Bedingungen selbst nicht abgeschlossen hätten.
„Die UG-Novelle sind die Seepocken an Unis“ – dieser Satz stand auf einigen Protest-Plakaten, die Studenten in der vergangenen Woche in Wien, Graz, Linz und Innsbruck zeigten. In Anknüpfung an die selten dämliche Formulierung in Aschbachers Doktorarbeit, die diese im vergangenen Jahr bei der Universität in Bratislava eingereicht hatte, und in der wörtlich steht: „Annahmen sind wie Seepocken an der Seite eines Bootes; sie verlangsamen uns.“
Einige von Aschbachers sprachliche Pannen sind vermutlich auf einen schlechten Google-Übersetzer zurückzuführen, etwa das missglückte Zitat des Milliardärs Richard Branson auf Seite 55 der Doktorarbeit, das folgendermaßen lautet: „Was mich ärgert ist, dass in 90 Prozent der Fälle, wie, was diese Person wirklich sagen will, ist: Okay, dann, glaube ich nicht mit Ihnen einverstanden, aber ich werde rollen und tun es weil sie sagen mir zu.“
Das Urteil des Plagiatsgutachters Stefan Weber, ein 50 Jahre alter Kommunikationswissenschaftler, ist vernichtend. In seinem Internet-Blog schreibt er: „Nach einigen Fernsehauftritten, bei denen mir mangelnde Deutschkenntnisse aufgefallen sind, habe ich mir die Diplomarbeit der österreichischen Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher bestellt. – Um es kurz zu machen: Die Arbeit ist eine einzige wissenschaftliche Katastrophe und daher besser dem Bereich der Nicht-Wissenschaft zuzuordnen. Selten habe ich so eine Fundgrube von allem, was man nicht machen soll, gesehen.“
Kritik daran, dass er Aschbacher öffentlich scharf anprangerte, ohne sie zuvor dazu anzuhören, kontert Weber mit dem Hinweis, dass sie sich als Politiker eben in der Öffentlichkeit befinde.
Seine Ankündigung, nun weitere Politiker-Arbeiten zu untersuchen, trug ihm zwei Morddrohungen ein, erzählt Weber der „Neuen Zürcher Zeitung“, Einschüchtern aber lasse er sich nicht. Er habe Anzeige erstattet – und werde weitermachen. Justizminister Karl Nehammers (ÖVP) Abschlussarbeit hat er schon durch – Fazit: „nicht gut, aber kein Plagiat“. Nun hat Weber die Doktorarbeit von Frauenministerin Susanne Raab und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (beide ÖVP) angefordert. Ministerin Schramböck nimmt es vorerst gelassen und wünscht Weber „viel Spaß beim Lesen“.